Großes Interesse am Journalisten Can Dündar in Bielefeld Die Demokratie wird siegen

von Fremdeninfo

                                                 

                                                  Von Mehmet Tanlı/ Bielefeld

In der deutschen Stadt Bielefeld fand die von der DIDF Bielefeld und der Volkshochschule (VHS) gemeinsam organisierte Podiumsdiskussion

Es 400 Menschen haben teilgenommen. „Die Demokratie wird siegen“ mit dem Dokumentarfilmer und Journalisten-Schriftsteller Can Dündar als Gast unter großer Beteiligung statt.

Die Podiumsdiskussion, die im großen Saal der VHS stattfand und von 400 Personen aus Bielefeld und Umgebung besucht wurde, wurde vom Journalisten und Schriftsteller Yücel Özdemir moderiert. Die deutsche Übersetzung übernahm Oktay Demirel. Die Veranstaltung begann mit den Eröffnungs- und Grußworten von Selçuk Kozan und Mehtap Yılmaz-Gerlich, die im Namen der DIDF auf Deutsch und Türkisch sprachen. Die Moderatoren stellten die veranstaltende Föderation der Demokratischen Arbeitervereine (DIDF) vor und gaben Beispiele für deren Arbeit in Deutschland. Sie sprachen über die antifaschistischen Aktionen der DIDF und ihren Einsatz in sozialen Fragen, gegen Rassismus sowie gegen die Einschränkung und den Entzug sozialer Rechte. Die DIDF sei eine aktive Organisation, die auf jeder Plattform den gemeinsamen Kampf von migrantischen und deutschen Werktätigen gegen Krieg und Aufrüstung betont und in die Praxis umsetzt. Zudem sei sie eine Massenorganisation, die die Politik in der Türkei genau verfolge, den demokratischen Widerstand der Völker unterstütze und die Solidarität mit Institutionen und Personen aufrechterhalte, die für Demokratie und Menschenrechte kämpfen.

Das Programm wurde mit einem musikalischen Beitrag von Erdem Beyazgül, Zafer Küçük und der Gruppe Avaz fortgesetzt, die Lieder auf Türkisch, Zazaisch und Kurdisch darboten. Anschließend stellte der Journalist Yücel Özdemir als Moderator Can Dündar Fragen zu seinem neuen Buch „Ich traf meinen Mörder“.

Dündar lebt seit 9 Jahren im Exil in Berlin

Can Dündar, einer der bedeutendsten Journalisten der Türkei, ehemaliger Chefredakteur der Zeitung „Cumhuriyet“ und Schriftsteller, lebt seit neun Jahren im Exil in Berlin. Von dort aus betreibt er ein Erdoğan-kritisches Webradio, schreibt Artikel für deutsche und internationale Zeitungen, dreht Dokumentarfilme und veröffentlicht Bücher, die immer wieder auf die Probleme in seiner Heimat aufmerksam machen.

Dündar begann das Gespräch mit dem Scherz: „Mein deutsches Buch wurde veröffentlicht, bevor ich Deutsch sprechen konnte.“ Er betonte, dass er nach Argentinien gereist sei, um die Person zu treffen, die mit seiner Ermordung beauftragt war. Diese Person habe alles gestanden. Sie habe zugegeben, in Syrien in den Reihen des IS gekämpft zu haben und für die Verteilung der Waffen aus den MİT-Lastwagen verantwortlich gewesen zu sein, die in Adana gestoppt wurden – ein Fall, den Dündar selbst aufgedeckt hatte. Im Licht der Geständnisse dieser Person, die er in Argentinien traf und die auch in seinem Buch thematisiert werden, erklärte Can Dündar, wie er die erschreckenden und dunklen Beziehungen zwischen Politik, Geheimdienst und Mafia- bzw. organisierten Verbrecherorganisationen in der Türkei aufdeckte. Can Dündar sagte: „Ich habe Recht behalten, aber ich bin im Exil. Nach einer neuen Nachricht, die ich erhalten habe, gibt es nun auch einen Gerichtsbeschluss zur Auslieferung der Person aus Argentinien an die Türkei, die für meine Ermordung angeheuert wurde.“

„Ich bin hoffnungsvoll für die Türkei“

Dündar äußerte sich hoffnungsvoll angesichts des politischen Widerstands in der Türkei: „Trotz allem Druck einer Regierung, die sich von Unterdrückung, Angst und Spannung nährt, gibt es eine Masse, die jede Woche zweimal auf die Straße geht, an CHP-Kundgebungen teilnimmt und den Kampf nicht aufgibt. Wenn der gemeinsame Kampf fortgesetzt wird, bin ich nicht hoffnungslos für die Zukunft des Landes. Ich bin zuversichtlich und keineswegs pessimistisch. Die AKP ist eine Partei, die ihre politische Lebensdauer überschritten und ihre gesellschaftliche Basis verloren hat. Der jetzige Druck rührt genau daher.“

„Journalismus ist in unserer Region ein sehr schwieriger und gefährlicher Beruf“

„Der Druck auf die Medien und Journalisten hat unglaublich zugenommen. Aber Journalismus ist ohnehin ein sehr schwieriger Beruf, besonders wenn man oppositionell ist. Dein Leben ist immer in Gefahr. Ich kann mich an keine Zeit in meinem journalistischen Leben erinnern, in der ich mich entspannen konnte“, sagte er.

„Es gibt Vorbereitungen für die Zeit nach Erdoğan“

Dündar sagte: „Höchstwahrscheinlich wird sein Sohn Bilal Erdoğan die Parteiführung übernehmen, denn Erdoğan will, dass das Vermögen in der Familie bleibt. Er vertraut weder seinen Schwiegersöhnen noch irgendjemand anderem.“

Im letzten Teil der Veranstaltung beantwortete Dündar die Fragen des Publikums. Eine Frage zum neuen Friedensprozess beantwortete er wie folgt: „Kurdische Freunde sind hoffnungsvoll bezüglich des Prozesses. Sie sagen, die Konjunktur sei günstig und die AKP könnte Zugeständnisse machen, um aus diesem politischen Strudel herauszukommen. In den kommenden Tagen könnten neue, überraschende Entscheidungen getroffen werden.“

Dündar erklärte, dass ihm die große Beteiligung in Bielefeld viel Mut gemacht habe und dankte den Organisatoren und Teilnehmern. Er rief die demokratischen Massenorganisationen in Deutschland dazu auf, den gemeinsamen Kampf und die Solidarität zu stärken.

Die DIDF-Podiumsdiskussion in Bielefeld, bei der vor der Veranstaltung Can Dündar und Yücel Özdemir am Bücherstand, der vom Journalisten und Schriftsteller İrfan Erdoğan betreut wurde, ihre Bücher für die Leser signierten, endete ebenfalls mit einem musikalischen Programm: einem Auftritt des DIDF-Frauenchors unter der Leitung von Volkan Çolak. Die Musiker Deniz Bahadır, Mesut Kaçar und Gökhan Güldiken begleiteten den Chor auf ihren Instrumenten. Der Frauenchor erhielt großen Beifall vom Publikum für die türkischen und kurdischen Lieder in seinem Repertoire.

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