F. I.: Sie haben ein beeindruckendes Buch über Deniz geschrieben. Was war der Hauptgrund, der Sie dazu bewogen hat, es zu verfassen?
İskan Tolun: Zunächst einmal vielen Dank für Ihr Interesse und dieses Kompliment!
Allerdings ist „Deniz’in Ütopyası“ kein Sachbuch, sondern ein Roman. Die deutsche Version heißt „Deniz’ Utopie“.

Deniz’ Utopie
Zu diesem Roman hatte ich mit Ragıp Zarakolu ein Interview unter dem Titel „Lasst uns auch einen Roman für Deniz schreiben“ geführt. Dieses Gespräch wurde sowohl auf Deutsch als auch auf Türkisch in zahlreichen renommierten Zeitungen veröffentlicht. Die deutsche Fassung wurde zuletzt sogar in Ihrer Zeitung (Fremden Info) publiziert.
Ein Buch zu schreiben, geschweige denn einen Roman über eine Legende wie Deniz, kam mir anfangs überhaupt nicht in den Sinn. Ich war mir schon bei meinem ersten Buch („Wahre Geschichten und Zusammenfassungen von 444 Büchern“) unsicher, ob ich es veröffentlichen sollte. Doch ein befreundeter Lektor, der die Entwürfe gelesen hatte, überzeugte mich mit seiner Hartnäckigkeit: „Lass es uns als Buch herausbringen. Es wäre schade darum, es einfach liegen zu lassen. Überleg mal, wie viele Menschen gibt es, die all das so aufschreiben können?“
Ich hatte alles mit einem Kugelschreiber auf Papier geschrieben. Er tippte es auf seinem Laptop ab, brachte es zum Verlag und ließ mein erstes Buch drucken. Er hat sich wirklich sehr darum gekümmert, wofür ich ihm dankbar bin. Nach diesem ersten Buch begann ich also, Romane zu schreiben. Und nach der Veröffentlichung meines Romans „Girdap / Remzis Qual endet erst mit dem Tod-2“ kamen viele Anfragen von Lesern: „Schreib einen Roman über Deniz. Wir möchten Deniz aus deiner Feder lesen.“ Der Hauptgrund, der mich zum Schreiben motivierte, waren also diese Bitten. Aber natürlich spielte auch der Respekt und die Bewunderung, die ich seit meiner Kindheit für Deniz empfinde, eine wichtige Rolle.
F. I.: Gab es während des Schreibprozesses besondere Herausforderungen oder Themen, die Ihnen Schwierigkeiten bereitet haben?
İskan Tolun: Da ich diese Arbeit mit Leidenschaft mache, hatte ich keine wirklichen Schwierigkeiten. Allerdings hat der Roman vier Jahre meiner Zeit in Anspruch genommen. Die Recherche in den Archiven und die Kontaktaufnahme zu Deniz‘ Weggefährten aus Studien- und Kampfzeiten kosteten viel Zeit. Aber es hat sich gelohnt. Am Ende ist ein wunderbares Werk, ein großartiger Roman entstanden. Bei dieser Gelegenheit möchte ich mich nochmals herzlich bei Deniz‘ Weggefährten bedanken, die mich stets unterstützt haben, insbesondere bei den geschätzten Atilla Keskin, Ragıp Zarakolu und Cengiz Çandar.
F. I.: War Deniz, den Sie nie persönlich kannten, sondern nur durch die revolutionären Bewegungen der 68er-Generation kannten, für Sie ein Held?
İskan Tolun: Er war bereits ein Held, als ich seinen Namen zum ersten Mal hörte. Er wurde als lebende Legende mit großer Begeisterung beschrieben. Er war in aller Munde, ich war damals noch ein Kind. Später kam seine Kleidung in Mode, obwohl sie verboten war. Besonders sein grüner Parka war sehr beliebt. Im Winter schmückte er die Schaufenster, und man konnte ihn an fast jedem jungen Menschen sehen. Viel später, als ich erwachsen war, kaufte ich mir natürlich auch einen dieser berühmten grünen Parkas mit der Fellkapuze.
F. I.: Waren Ihnen die Beiträge von Deniz zur revolutionären Bewegung in der Türkei bekannt?
İskan Tolun: Selbstverständlich. Seine Beiträge und seine Aufopferung sind unbestreitbar. Wie seine Weggefährten sagten: Deniz war überall. Ich kannte ihn aus Zeitungen, Zeitschriften und den Büchern, die ich gelegentlich las. In den letzten fünfzehn Jahren habe ich das Lesen nie aufgegeben; ich kann sagen, dass ich fast alle Bücher über Deniz gelesen habe und immer noch alles mit Begeisterung lese, was ich über ihn finde.
F. I.: Auf dem Weg zum Galgen soll Deniz gesagt haben: „Es lebe die Unabhängigkeit des kurdischen und des türkischen Volkes.“ Hat dieser Satz Sie als Kurde besonders berührt?
İskan Tolun: Natürlich hat er das. Wie könnte er auch nicht? Deniz war ein internationalistischer Revolutionsführer. Im Roman kann man das vollständige Zitat lesen. Dieser Satz war seine Vision, seine Utopie. Deshalb habe ich den Titel des Romans gewählt:
. Henry Dunant sagt: „Die Utopie ist die Realität von morgen!“
Deniz wurde großes Unrecht angetan. An jenem schwarzen Tag seiner Hinrichtung, dem 6. Mai 1972, weinten alle. Ich war fünf oder sechs Jahre alt, als ich davon erfuhr, und ich erinnere mich, als wäre es gestern gewesen, wie mich eine tiefe Traurigkeit erfasste. Auch deshalb ist ein Roman entstanden, der wie eine Elegie, wie ein Gedicht anmutet.
F. I.: Wurden Sie auch von anderen Anführern der 68er-Generation wie Mahir Çayan und İbrahim Kaypakkaya beeinflusst?
İskan Tolun: Ich kannte ihre Namen und respektierte natürlich ihren Kampf. Aber während meiner Recherchen über Deniz stieß ich immer wieder auf diese Namen, wodurch mein Respekt für sie noch weiter wuchs.
F. I.: Planen Sie, auch über diese Persönlichkeiten Bücher zu schreiben?
İskan Tolun: Das ist in Zukunft möglich, aber im Moment bin ich sehr beschäftigt. Ich arbeite parallel an drei verschiedenen Manuskripten, und das in zwei Sprachen: Türkisch und Kurdisch.
Informationen zum Buch:
F. I.: Bei welchem Verlag ist Ihr Buch erschienen?
İskan Tolun: Bei den Verlagen Babıali Kitaplığı und Ozan Yayıncılık. Die beiden arbeiten zusammen. Sie veröffentlichen alle meine 16 Bücher. In letzter Zeit haben sie auch begonnen, meine Bücher in drei Sprachen herauszugeben: Türkisch, Kurdisch und Deutsch: „Verdammnis“, „Der schlaue Fuchs“ und „Deniz’ Utopie“.

Der schlauer Fuchs, Deniz’ Utopie und Verdammnis
F. I.: Wo können die Leser das Buch erwerben?
İskan Tolun: Meine Bücher sind in allen nationalen und internationalen Buchhandlungen sowie online erhältlich. Kurz gesagt, überall auf der Welt, wo Bücher verkauft werden. Anfangs war „Deniz’ Utopie“ nach der Veröffentlichung jedoch nicht auf deutschen Websites gelistet. Aber jetzt ist es auf amazon.de verfügbar und hat in kurzer Zeit großes Interesse geweckt. Meine deutschen Leser waren so freundlich, viele wunderbare Kommentare und Bewertungen zu hinterlassen, alle mit 5 Sternen.
Zudem hat die deutsch-türkische Buchhandlung „Gökkuşağı Kitabevi-Regenbogen Buchhandlung“ (Kitap Berlin) eine schnelle WhatsApp-Bestellhotline: 00 90 533 020 65 39. Alle meine Bücher sind auch dort erhältlich. Der Inhaber der Buchhandlung, Metin Hoca, hat sich sehr für den Roman „Deniz’ Utopie“ eingesetzt, ihn in den sozialen Medien beworben und stellt ihn, wie viele andere engagierte Buchhändler auch, immer noch im Schaufenster aus.
Ich spüre, dass das Interesse an meinen deutschsprachigen Büchern gestiegen ist, insbesondere nach der Anzeige „Der Löwenanteil-Para Şêr“, die in Ihrer Zeitung Fremden Info über meine Bücher veröffentlicht wurde. Vielen Dank, dass Sie diese Anzeige geschaltet haben. „Deniz’ Utopie“ ist erst seit Kurzem bei Amazon erhältlich und hat dank Ihnen in kürzester Zeit große Aufmerksamkeit erlangt.
Vielen Dank für das Interview. Mit freundlichen Grüßen und den besten Wünschen für Ihre weitere Arbeit.