Cem Özdemir will im kommenden Jahr Ministerpräsident in Baden-Württemberg werden. Nun wagt sich der Grünenpolitiker mit einem Vorstoß aus der Deckung, der ihm reichlich Aufmerksamkeit bescheren dürfte.
Özdemir will die Nutzung von Social-Media-Plattformen wie Instagram oder TikTok für Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren verbieten. »Wir lassen Jugendliche auch nicht einfach ohne Führerschein hinters Steuer. Es gibt Fahrstunden und ein schrittweises Ranführen. So müssen wir es auch mit den sozialen Medien halten«, sagte Özdemir der Nachrichtenagentur dpa.
Er halte eine Altersgrenze für TikTok und andere soziale Medien für richtig, sagte Özdemir. »Diese sollte bei 16 Jahren liegen.« Özdemir schließt sich damit der Linie etwa des schleswig-holsteinischen Ministerpräsidenten Daniel Günther an, der ein Social-Media-Verbot für unter 16-Jährige bereits im Juni gefordert hatte. Günther hatte sich dabei auch insgesamt für eine stärkere Regulierung der Plattformen ausgesprochen. An der Idee hatte damals unter anderem der Deutsche Lehrerverband Kritik geäußert: Eine gesetzliche Altersbegrenzung sei »realitätsfern und auch nicht sinnvoll«.
Der ehemalige Bundeslandwirtschafts- und Bildungsminister Özdemir sieht indes insbesondere die unbegleitete Nutzung der Plattformen kritisch. Kinder und Jugendliche müssten einen verantwortungsvollen Umgang mit Smartphones und Medien lernen, betonte der ehemalige Bundesagrar- und Bundesbildungsminister. Dies müsse eng begleitet werden.
Wenn die Betreiber von diesen Programmen ihren eigenen Kindern den Umgang damit verbieten, sollten bei uns allen die Alarmglocken läuten«, sagte Özdemir. Schon im frühen Alter sei Medienbildung sehr wichtig.
»Lassen die Jugendlichen allein mit sozialen Medien«
Er habe sich kürzlich mit Jugendlichen getroffen, die ihm gesagt hätten, dass ihnen klare Regeln helfen würden und sie mit dem, was da in den Netzwerken auf sie einprassele, oft überfordert seien. »Gerade lassen wir die Jugendlichen allein mit sozialen Medien. Übrigens auch die Eltern, Lehrer und die Schulen«, so Özdemir. Die Eltern seien damit oft völlig überfordert.
Der ehemalige Bundestagsabgeordnete begründet seine Verbotsforderung auch mit seinen eigenen Erfahrungen als Vater. Er bilde sich »wirklich ein, mobiltelefonaffin zu sein. Aber mein Sohn ist immer eine halbe Nasenlänge vor mir.«
Das Argument, dass man Altersgrenzen nicht wirksam kontrollieren könne, will der Grüne nicht gelten lassen. Das sei eine Frage des politischen Willens. »Dann müsste man auch Alkohol für alle freigeben. Es fordert doch auch kein normaler Mensch, dass wir erlauben, dass Kleinkinder Alkohol trinken.«
Özdemir war im Mai von den Grünen in Baden-Württemberg zum Spitzenkandidaten für die Landtagswahl im März 2026 aufgestellt worden. Der bisherige grüne Ministerpräsident Winfried Kretschmann regiert seit 2011 und tritt nicht mehr an. Die Grünen konkurrieren bei der Wahl insbesondere mit ihrem bisherigen Koalitionspartner, der CDU, um den Einzug in die Staatskanzlei in Stuttgart.
Von: Der Spiegel
Fremden Info startete 1985 als Zeitschrift und setzt seine Veröffentlichung seit 2015 als