SPD-Abgeordneter Karaahmetoğlu: „Kopftuchverbot untergräbt den Grundsatz der rechtlichen Gleichheit“

von Fremdeninfo

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Der SPD-Bundestagsabgeordnete Macit Karaahmetoğlu hat das Urteil des Verwaltungsgerichts Darmstadt bewertet, wonach eine Frau mit Kopftuch nicht Richterin oder Staatsanwältin werden darf. Er erklärte, die Entscheidung werfe „ernsthafte Fragen im Hinblick auf die verfassungsrechtliche Gleichheit und die Glaubensfreiheit auf“.

Das Verwaltungsgericht Darmstadt hatte die Klage einer muslimischen Juristin abgewiesen, die nicht in den Richterdienst aufgenommen wurde. Die Begründung lautete, dass sie aufgrund der in Hessen für Justizangehörige geltenden Regelung zur ‚religiösen Neutralität‘ nicht mit Kopftuch arbeiten dürfe.

Das Gericht betonte, dass der Staat insbesondere im Justizbereich „sichtbar neutral“ sein müsse, und entschied, dass das Tragen religiöser Symbole im Gerichtssaal im Widerspruch zu diesem Grundsatz stehen könne.

Gericht: Kopftuch kann aus Neutralitätsgründen verboten werden

Das Urteil erinnerte auch an eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2017 in einer ähnlichen Angelegenheit. Damals wurde das Verbot für eine Rechtsreferendarin, während der Verhandlungen ein Kopftuch zu tragen, als rechtmäßig erachtet.

Karaahmetoğlu: „Neutralität wird durch das Verständnis von Gerechtigkeit gewährleistet, nicht durch Kleidung“

Der SPD-Abgeordnete Karaahmetoğlu fand in seiner Erklärung zu dem Urteil deutliche Worte.

Karaahmetoğlu sagte: „Dass eine Frau lediglich ein Kopftuch trägt, bedeutet nicht, dass sie nicht neutral sein kann. Neutralität misst sich am Gerechtigkeitsverständnis und der berufsethischen Haltung einer Person, nicht an ihrer Kleidung.“

Er wies darauf hin, dass das Urteil die Gefahr berge, muslimische Frauen indirekt aus dem öffentlichen Dienst auszuschließen, und bewertete die Lage wie folgt: „In Deutschland leben Hunderttausende Frauen mit Kopftuch loyal zu Recht, Demokratie und der verfassungsmäßigen Ordnung. Diesen Frauen die beruflichen Türen zu verschließen, ist mit unserer gesellschaftlichen Vielfalt nicht vereinbar.“

„Urteil birgt das Risiko, Vorurteile zu verstärken“

Der SPD-Abgeordnete erklärte weiter, dass Vorurteile gegenüber Muslimen aufgrund der Migrations- und Sicherheitsdebatten der letzten Jahre zugenommen hätten und Gerichtsentscheidungen in diesem sensiblen Umfeld noch behutsamer getroffen werden müssten.

Karaahmetoğlu machte zudem auf internationale Praktiken aufmerksam und fügte hinzu:
„Wenn im Vereinigten Königreich Sikh-Polizisten mit ihren Turbanen Dienst tun können, kann auch in Deutschland ein vernünftiges Gleichgewicht zwischen religiösen Symbolen und staatlicher Neutralität gefunden werden.“

Berufseinstieg der klagenden Juristin könnte „dauerhaft“ verhindert werden

Laut dem Gerichtsurteil wird die Juristin mit Kopftuch im Bundesland Hessen nicht mehr in den Richter- oder Staatsanwaltsdienst eintreten können.

In der Entscheidung wurde angeführt, dass dieser Umstand als weniger schwerwiegend angesehen werde, da sich die Frau im Wissen um die Bewerbungsbedingungen auf diesen Weg begeben habe. Gegen das Urteil ist Berufung möglich.

Debatte über Säkularismus und Religionsfreiheit in Deutschland neu entfacht

Das Urteil hat die Diskussion darüber, ob Beamte im öffentlichen Dienst in Deutschland religiöse Symbole tragen dürfen, erneut auf die Tagesordnung gebracht.

Juristische Kreise weisen darauf hin, dass die Entscheidung erneut die Frage in den Vordergrund rückt: „Was wiegt schwerer: die religiöse Neutralität des Staates oder die Glaubensfreiheit des Einzelnen?“

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