Hunderte Asylbewerber untergetaucht: Brandenburgs Innenminister Wilke fordert Konsequenzen

von Fremdeninfo

Artikel von Benjamin Lassiwe / Tagesspigel

Die Behörden in Brandenburg können derzeit rund 300 abgelehnte Asylbewerber nicht erreichen. Innenminister Wilke fordert, dass untergetauchte Bewerber ihren Asylanspruch verlieren sollen.

In Brandenburg sind derzeit fast 300 abgelehnte Asylbewerber untergetaucht und zur Fahndung ausgeschrieben. Davon sind 83 vollziehbar ausreisepflichtig. Das geht aus einer Antwort des Potsdamer Innenministeriums auf eine „Kleine Anfrage“ des CDU-Landtagsabgeordneten Rainer Genilke hervor, die am Donnerstag von der CDU-Fraktion veröffentlicht wurde.

Allerdings konnte das Ministerium in der Antwort nicht erklären, was neben der Ausschreibung zur Fahndung unternommen wurde, um die Personen zu finden: Auf die Frage „In wie vielen Fällen untergetauchter Personen wurden aufenthaltsermittelnde Maßnahmen eingeleitet?“ erklärte das Ministerium lediglich, dass es dazu keine statistischen Angaben gebe.

Genilke reagierte darauf empört: „Fast 300 ausreisepflichtige Personen tauchen in Brandenburg einfach unter und der Innenminister weiß nicht einmal, ob nach ihnen gesucht wird“, sagte der CDU-Abgeordnete. „Bei keiner einzigen Person konnte er angeben, ob aufenthaltsermittelnde Maßnahmen eingeleitet wurden.“ Das sei ein sicherheitspolitischer Offenbarungseid und zeige ein „erschreckendes Desinteresse“.

Doch noch Anfang Dezember 2024 konnte das damals von der CDU geführte Innenministerium auf ähnliche Fragen der AfD-Abgeordneten Daniela Oeynhausen ebenfalls keine Antwort geben.

Rainer Genilke schießt sich mit seiner künstlichen Empörung gleich drei Eigentore“, sagte der SPD-Abgeordnete Erik Stohn auf Anfrage. „Erstens tritt er damit den eigenen CDU-Landräten in die Hacken, die in dieser Frage unbestreitbar Mitverantwortung tragen.“ Zweitens zeige sich beim früheren Minister eine „erstaunliche Regierungsamnesie“: „Ausgerechnet die CDU, die über Jahre hinweg im Innenministerium Verantwortung trug, versucht nun so zu tun, als hätte sie mit den Problemen nichts zu tun gehabt.“

Drittens sei die Debatte längst geführt: Innenminister René Wilke habe die Problematik offen angesprochen und transparent gemacht. „Wenn die CDU nun im Nachhinein seine Position bestätigt, ist das weniger ein Angriff als vielmehr eine verspätete Zustimmung.“

Wilke spricht sich für Verlust des Asylanspruchs aus

Nach Angaben des Innenministeriums sind in Brandenburg zwischen dem 1. Januar und 17. Juli 2025 insgesamt 855 Fahndungen nach untergetauchten Asylbewerbern ausgelöst worden. Innenminister Wilke sprach sich dafür aus, dass Personen, die während ihres Asylverfahrens untertauchen, ihren Asylanspruch verlieren.

Bereits im Juli hatte sich Wilke für Sanktionen ausgesprochen. „Da können wir uns auch nicht auf der Nase herumtanzen lassen, sondern müssen sagen: Wenn du ständig versuchst, dich da zu entziehen, dann müssen wir dafür sorgen, dass wir deiner habhaft werden“, so Wilke. „Menschen, die während ihres Asylverfahrens untertauchen, sollen automatisch einen Asylanspruch verwirken. Denn wie soll man einem Bürger erklären, dass da jemand ist, der hierherkommt und eine Prüfung seines Asylantrags möchte, sich dann aber dem Verfahren entzieht?“

Eine Möglichkeit sei, dass Brandenburg sich mit einer Initiative bei der Innenministerkonferenz oder im Bundesrat dafür einsetzen könnte, dass das auf Bundesebene zügig eingeführt werde, sagte der Minister. Zudem sollten Wiedereinreisen nach einem schon einmal abgelehnten Asylantrag künftig effektiver verhindert werden.

Als untergetaucht gelte, wer sich dem Zugriff der Behörden entzieht, etwa durch Aufenthalt an unbekanntem Ort. Von derzeit 796 aktiven Fahndungen betreffen 496 Fälle ohne Asylentscheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, 296 ausreisepflichtige Personen mit negativem Bescheid und vier Personen mit positivem Bescheid. Vergleichszahlen zu Vorjahren liegen laut Ministerium nicht vor, da die Zuständigkeit erst im Mai 2024 von den Landkreisen auf die Zentrale Ausländerbehörde überging. (mit dpa)

Ähnliche Beiträge