Erdogan bedroht? Journalist Fatih Altayli muss im Gefängnis bleiben

von Fremdeninfo

 

Von: Artikel von Erkan Pehlivan / F.R

Pressefreiheit in der Türkei

Fatih Altaylı gilt in der Türkei als bekannter Journalist. Dem seit dem 22. Juni inhaftierten Moderator drohen jetzt mindestens fünf Jahre Gefängnis.

Istanbul – In der Türkei halten die Repressionen gegen kritische Journalisten weiter an. Der seit dem 22. Juni inhaftierte Journalist Fatih Altaylı muss deswegen weiter im Gefängnis bleiben, entschied am Freitag ein Gericht in Istanbul. Altaylis Anwälte hatten zuvor einen Antrag eingereicht, den bekannten Journalisten für die Dauer seines Gerichtsprozesses auf freien Fuß zu lassen. Der nächste Gerichtstermin wurde auf den 26. November angesetzt.

Journalist Fatih Altaylı drohen mindestens fünf Jahre Haft

Dem Journalisten drohen wegen seiner Aussagen auf seinem YouTube-Kanal „Fatih AltaylıYorumluyor“ („Fatih Altaylı kommentiert“) mindestens fünf Jahre Haft, weil er Präsident Recep Tayyip Erdoğan bedroht haben soll. Der Vorwurf überrasche ihn sehr. „Eine zweieinhalb- bis dreiminütige, gut gemeinte Rede wurde auf 15–20 Sekunden verkürzt und ich wurde Opfer einer Social-Media-Hetze“, zitiert der türkische Dienst der Deutschen Welle Altaylı. Danach sei er in eine kleine Zelle in Silivri gesteckt worden. „Jeder, der die ganzen Zweieinhalbminuten anschaut, sieht, dass ich keinerlei Drohabsicht hatte. Ich beginne mit ‚Das türkische Volk liebt die Wahlurne‘ und endet damit. Ich spreche über die demokratische Verbundenheit, die tief in den Menschen verankert ist.“

70 Prozent der türkischen Bevölkerung lehne laut einer Umfrage eine lebenslange Präsidentschaft für Erdoğan ab. Erdoğan ist seit über zwei Jahrzehnten an der Macht. „Schaut auf die Geschichte dieser Nation“, sagte Altaylı. „Dies ist ein Volk, das seinen Sultan erdrosselte, wenn es ihn nicht mochte oder wollte. Es gibt etliche osmanische Sultane, die ermordet, erdrosselt oder deren Tod als Selbstmord dargestellt wurde.“

Vernunft und Logik in der Türkei „verschwunden“

Oppositionelle Journalisten in der Türkei sehen in der Verhaftung des Journalisten politische Motive. „Fatih Altaylıs Haft wurde verlängert. Doch jeder weiß, dass seine Aussagen im Video nichts mit der Anklage zu tun haben. In einem Land, in dem Vernunft und Logik verschwunden sind, werden Journalisten durch Verschwörungstheorien und bewusstseinsverändernde Taktiken inhaftiert“, schrieb der Journalist Timur Soykan auf X.

Auch aus der Oppositionspartei CHP kommt Kritik. „Es liegt keine Straftat vor, das gegen den Präsidenten gerichtet sein könnte, und es ist auch für Fatih Altaylı unmöglich, dieses Verbrechen zu begehen“, sagt der Abgeordnete Sezgin Tanrikulu. „Die Verhaftung Fatih Altaylıs ist eine klare Botschaft an die Presse: Seht, wir können selbst die einflussreichsten Menschen hinter Gittern halten. Also hört auf, euch zu widersetzen.“

Türkei gehört im Pressefreiheitsindex zu den Schlusslichtern

Ein Ende der Repressionen gegen Journalisten in der Türkei ist nicht in Sicht. Im Pressefreiheitsindex von Reporter ohne Grenzen (RoG) liegt das Land auf Platz 159 unter 180 Staaten. „Seit der Niederschlagung des Putschversuchs von 2016 gehen Regierung und Justiz härter denn je gegen kritische Journalisten und Journalistinnen vor. Dutzende wurden aufgrund ihrer Berichterstattung zu teils langjähriger Haft verurteilt, viele warten seit Jahren auf ihre Urteile oder wehren sich in Berufungsinstanzen gegen Haftstrafen“, schreibt RoG auf seiner Internetseite.

Die einst pluralistische Medienlandschaft steht inzwischen fast vollständig unter Kontrolle der Regierung oder regierungsnaher Geschäftsleute. Im Internet werden Tausende journalistische Beiträge blockiert. Die Wahlen 2023 – zu Gunsten von Recep Tayyip Erdoğan – waren von der Verhaftung Dutzender kurdischer Journalisten geprägt. (Quelle: DW, RoG, Sezgin Tanrikulu, X) (erpe)

 

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