Studie: Deutsche ohne Migrationsgeschichte fürchten Rechtsextremismus am stärksten

von Fremdeninfo

Artikel von Sonja Issel/ Euronews

Eine Studie der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung hat die Entwicklung der deutschen Einwanderungsgesellschaft untersucht – darunter auch die Verteilung der Angst von Rechtsextremismus.

Demnach machen sich knapp drei Viertel der Deutschen ohne familiäre Einwanderungsgeschichte Sorgen: Insgesamt 74 Prozent stimmten der Aussage zu, „Der Rechtsextremismus in Deutschland macht mir Angst.“

Überraschend fällt der Vergleich mit Menschen aus, die eine Migrationsgeschichte haben: 66 Prozent von ihnen äußerten Besorgnis – also sechs Prozentpunkte weniger als bei Deutschen ohne Migrationshintergrund.

Unter den in Deutschland lebenden Ausländern liegt der Anteil bei 55 Prozent.

Besonders häufig äußern laut Studie Menschen mit Wurzeln in der Türkei und in Russland Sorge über den Rechtsextremismus. Deutlich geringer ist der Anteil dagegen unter Menschen polnischer Herkunft.

Unterschiede bei antisemitischen Einstellungen

Die Studie weist deutliche Unterschiede im Vertrauen gegenüber jüdischen Menschen aus. Unter den Befragten mit türkischem Hintergrund gaben rund 26 Prozent an, jüdischen Menschen zu misstrauen – 2015 lag dieser Wert noch bei 18 Prozent. Die Studie verweist auf den Gaza-Krieg als möglichen Einflussfaktor, der nach dem Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 begann.

Auch die polizeiliche Kriminalstatistik spiegelt die angespannte Lage wider: 2024 wurden bundesweit 6.236 Fälle mit mutmaßlich antisemitischer Motivation erfasst. Von insgesamt 7.328 politisch motivierten Straftaten, die den Unterthemen „Israel“ und „Palästina“ zugeordnet wurden, bewertete die Polizei 2.832 als antisemitisch motiviert. Laut Polizei ereignete sich ein großer Teil der 793 politisch motivierten Gewaltdelikte im Zusammenhang mit dem Nahost-Konflikt im Umfeld von Demonstrationen und Protestaktionen.

Überdurchschnittlich häufig teilten zudem Spätaussiedler diese Aussage (18 Prozent). Als Spätaussiedler gelten Menschen deutscher Herkunft, die nach dem Zweiten Weltkrieg – insbesondere nach dem Zerfall der Sowjetunion – aus Osteuropa und der früheren UdSSR nach Deutschland eingewandert sind.

Ablehnung von Homosexualität rückläufig

Die Studie „Einwanderungsgesellschaft im Wandel“ beleuchtet auch Einstellungen zu Homosexualität. Unter Deutschen ohne Migrationshintergrund ist die Ablehnung heute selten. Zwar ist die Ablehnung unter Menschen mit Migrationshintergrund sowie unter ausländischen Staatsangehörigen im Vergleich zu vor zehn Jahren zurückgegangen, liegt aber weiterhin bei 18 beziehungsweise 19 Prozent.

In der Vergleichsgruppe ohne Migrationsgeschichte stimmten sieben Prozent der Aussage „Ich will keine homosexuellen Freunde“ zu.

Auffällig sei laut der Studie zudem: Sowohl unter den befragten Muslimen als auch unter orthodoxen Christen liegt der Anteil derjenigen, die keine homosexuellen Freundschaften möchten, bei rund einem Viertel.

Wahrnehmung von Respekt: ein negativer Trend

Beim Thema gesellschaftlicher Respekt zeigt die Befragung einen negativen Trend. 37 Prozent der Deutschen ohne Migrationsgeschichte berichten, dass sie sich „immer“ respektvoll behandelt fühlen. Unter Menschen mit Migrationshintergrund liegt der Anteil bei 39 Prozent. Von den ausländischen Befragten gaben 52 Prozent an, sich in Deutschland „immer“ respektvoll behandelt zu fühlen – ein Wert, der unter anderem auch durch den Vergleich mit Erfahrungen im Herkunftsland beeinflusst sein könnte.

Im Jahr 2015 lag der Anteil derjenigen, die sich stets respektvoll behandelt fühlten, in allen drei Gruppen noch bei 56 Prozent. Die aktuellen Daten zeigen daher einen rückläufigen Trend.

Dennoch: Trotz dieser Entwicklungen bleibt die grundsätzliche Zufriedenheit hoch: Auf die Frage „Leben Sie alles in allem gerne in Deutschland?“ antworteten in allen untersuchten Gruppen mehr als 90 Prozent mit „Ja“. Im Vergleich zur Erhebung von 2015 ist dieser Anteil jedoch in jeder Gruppe leicht zurückgegangen.

Rund 3.000 Personen befragt

Für die repräsentative Studie zum Zusammenleben in der Einwanderungsgesellschaft wurden zwischen Anfang Oktober 2024 und Ende Januar 2025 bundesweit rund 3.000 Personen befragt. Dazu zählten 1.007 Ausländerinnen und Ausländer sowie 1.003 Menschen mit Migrationshintergrund – also Personen, die selbst im Ausland geboren wurden oder bei denen mindestens ein Elternteil im Ausland geboren ist.

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