Von: C umali Yagmur/Hannover
Während sich die Politik in Deutschland auf eine kritische Abstimmung vorbereitet, die die Zukunft der Sicherheitspolitik prägen wird, verließen Schüler an hunderten Schulen im ganzen Land den Unterricht und gingen auf die Straße.
Auch in Hannover gingen Schüler auf die Straße und protestierten gegen die Wehrpflicht.
Das Bündnis „Hannover gegen Wehrpflicht“ rief zu einem „Schulstreik gegen die Wehrpflicht“ auf. Etwa 1.700 Jugendliche folgten diesem Aufruf und demonstrierten in der Innenstadt.
Am Tag, an dem der Bundestag die Modernisierung des Wehrdienstes billigte, versammelten sich rund 1.700 Jugendliche vor dem Hauptbahnhof Hannover – direkt neben dem Weihnachtsdorf – und protestierten gegen das neue Gesetz. Kurz nach 14:00 Uhr setzten sich die Streikenden in Bewegung und zogen etwa eine Stunde lang durch die Hannoveraner Innenstadt. Nach Angaben der Polizei verlief die Demonstration friedlich.
Die Redner Jonathan und Laurenz hätten eigentlich heute Mittag in der Schule sein müssen. Die beiden 17-Jährigen besuchen die zwölfte Klasse des Gymnasiums Limmer. Doch der Streik war ihnen wichtiger. „Ich bin Jahrgang 2008, das betrifft mich direkt“, sagt Laurenz. „Ich sehe es nicht ein, für Dinge zu sterben, hinter denen ich nicht stehe.“ Der Jugendliche hält einen Flyer zur Beratung für Kriegsdienstverweigerer in der Hand. „Ich werde zum nächsten Termin gehen“, sagt er.
Das Bündnis „Nein zur Wehrpflicht“ hatte an etwa 20 Schulen in Hannover um Unterstützung für den Schulstreik geworben. Hannover ist einer von dutzenden Orten im ganzen Land, an denen „Schulstreiks gegen die Wehrpflicht“ angekündigt wurden. Dennis Schlichting vom Hannoveraner Ableger sagt, der Protest richte sich auch gegen die „geplanten ersten Schritte“ des neuen Gesetzes.
Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU, unten rechts) gibt bei der namentlichen Abstimmung im Bundestag über das neue Wehrdienstgesetz seine Stimmkarte ab.
Die Modernisierung des Wehrdienstes sieht vor allem eine Verstärkung der Bundeswehr durch Freiwillige vor. Der Wehrdienst soll mindestens sechs Monate dauern und mit mindestens 2.600 Euro brutto monatlich vergütet werden. Ab dem 1. Januar ist es für 18-jährige Männer verpflichtend, in einem Fragebogen anzugeben, ob sie den Wehrdienst leisten wollen und ob sie sich dafür geeignet halten. Frauen können den Fragebogen ausfüllen, müssen aber nicht. Zudem wird die Musterung für junge Männer wieder verpflichtend.
Wenn sich auf diesem Weg jedoch nicht genügend Freiwillige finden, kann der Bundestag eine „bedarfsorientierte Wehrpflicht“ beschließen. Schlichting sagt: „Wir gehen davon aus, dass die Freiwilligkeit nicht ausreichen wird und eine Verpflichtung kommen wird.“
Auch Studenten schlossen sich dem Demonstration an, um Solidarität zu zeigen.
Die Protestform in Anlehnung an die Klimabewegung wurde bewusst gewählt. Bündnissprecher Schlichting sagt: „Was ist schon ein Tag Schule gegen ein halbes Jahr Zwangsdienst?“ Auch wenn der Streik in Hannover erst gegen Mittag begann, gingen Jugendliche in anderen Städten teils deutlich früher auf die Straße, in Göttingen beispielsweise schon vor 11 Uhr. Schlichting sagt: „Das war erst der Anfang.“ Für Anfang März sei der nächste bundesweite Streik geplant.
Während des Demonstration wurden Parolen wie „Hoch die internationale Solidarität“ und Grüße an das palästinensische Volk laut.
Der Demonstration verlief sehr ruhig und alle gingen ohne Zwischenfälle nach Hause.