Von Christopher Weckwerth/haz
Im kommenden Schuljahr lernen evangelische und katholische Kinder und Jugendliche zusammen – auch, weil immer weniger Schüler getauft sind. Teilnehmen kann an dem Fach jeder, der möchte.
Hannover. Der evangelische und katholische Religionsunterricht soll in Niedersachsen vom kommenden Schuljahr an im neuen Fach Christliche Religion zusammengefasst werden. Die Vereinbarung dazu haben Kultusministerin Julia Willie Hamburg (Grüne) und die Leitungen der Kirchen und Diözesen in Niedersachsen am Freitag in Hannover unterzeichnet. Der Unterricht werde an Grundschulen sowie an weiterführenden Schulen bis zur 10. Klasse eingeführt.
Den Impuls für die Zusammenlegung gaben die Kirchen selbst. Es geht dabei unter anderem darum, den Religionsunterricht überhaupt für die Zukunft zu sichern: Gäbe es die Zusammenlegung nicht, sei nicht auszuschließen, dass die Fortführung gefährdet wäre, „da es in beiden großen Konfessionen zunehmend weniger getaufte Schülerinnen und Schüler gibt“, erklärte das Bistum Hildesheim.
Das Kultusministerium sieht im gemeinsamen Unterricht ein Signal „für Dialog, Kooperation und gegenseitiges Verständnis“. Die Schüler erhielten so die Möglichkeit, sich mit Vielfalt auseinanderzusetzen, Unterschiede zu reflektieren und Respekt sowie Toleranz gegenüber anderen zu entwickeln.
Etwa jeder zweite Schüler in Niedersachsen gehört der evangelischen oder katholischen Kirche an. Für diese ist der neue Religionsunterricht verbindlich. Aber auch Schüler anderer Konfessionen oder Religionen sowie Schüler ohne Konfession sollen – wie bisher – auf eigenen Wunsch an dem Unterricht teilnehmen können. Das Bistum Hildesheim beschreibt es so: „Religiöse Bildung eröffnet einen einzigartigen Zugang zur Wirklichkeit und bietet Raum für existenzielle Fragen sowie ein gemeinsames Nachdenken über Gott und die Welt.“
Die evangelische Landeskirche erklärt, das neue Unterrichtsfach werde sowohl die religiöse Orientierung als auch die Pluralitätskompetenz der Schüler stärken. Diese Inhalte seien gerade in der heutigen Zeit von großer Bedeutung.
Der Landesschülerrat findet, der Unterricht müsse sich konsequent an der Lebensrealität der Schülerinnen und Schüler orientieren. „Das bedeutet, dass nicht nur christliche Inhalte vermittelt werden dürfen, sondern auch andere Religionen sowie nicht-religiöse Weltanschauungen gleichwertig berücksichtigt werden müssen“, sagt der Vorsitzende Matteo Feind.
Wer sich vom Religionsunterricht abmeldet, für den gibt es einen ethisch und religionskundlich ausgerichteten Ersatzunterricht. Das entsprechende Fach heißt in Niedersachsen Werte und Normen.
Neben katholischer und evangelischer Religion werden laut Kultusministerium auch Islamische Religion sowie in einzelnen Lerngruppen Jüdische, Orthodoxe, Syrisch-Orthodoxe und Alevitische Religion angeboten.
Vor 20 Jahren gab es noch mehr als 550.000 evangelische, mehr als 150.000 katholische und nur knapp 140.000 konfessionslose Schülerinnen und Schüler in Niedersachsen. Heute sind es etwas mehr als 300.000 evangelische, rund 110.000 katholische, rund 230.000 konfessionslose und fast 90.000 islamische Schüler.
Jeweils fast ein Drittel der Schülerschaft hatte im Schuljahr 2024/25 entweder evangelischen Religionsunterricht, konfessionell-kooperativen Religionsunterricht oder das Fach Werte und Normen. Einen rein katholischen Religionsunterricht erhielten lediglich 4 Prozent, islamischen Religionsunterricht sogar nur 0,4 Prozent.
Der Religionsunterricht ist das einzige Unterrichtsfach, das im Grundgesetz verankert ist, wie das niedersächsische Kultusministerium erklärte. Die Einrichtung von bekenntnisfreien Schulen könne daher nur eine Ausnahme sein. Ohne eine Änderung des Grundgesetzes wird der Religionsunterricht also bleiben.