Analyse: 10 Jahre ‚Wir schaffen das‘ – Bürger urteilen über Merkels Flüchtlingspolitik
Wir schaffen das“ – dieser Satz prägt die Flüchtlingskrise bis heute. Zehn Jahre danach diskutieren unsere Leser in der FOCUS-online-Umfrage über Folgen und Bilanz. Viele zeigen sich ernüchtert und werfen der Politik massive Versäumnisse bei Integration, innerer Sicherheit und gesellschaftlichem Zusammenhalt vor. Auch Angela Merkel selbst steht stark in der Kritik. Einzelne Stimmen mahnen, man dürfe positive Integrationsbeispiele nicht vergessen. Doch für die meisten bleibt der Merkel-Satz Symbol einer Politik des Scheiterns.
Harte Abrechnung mit Merkels Flüchtlingspolitik
Viele Leser sehen in der Flüchtlingspolitik seit 2015 den Ursprung aktueller Probleme. Genannt werden Wohnungsnot, überlastete Sozialkassen, Integrationsdefizite und steigende Kriminalität. Merkels Kurs gilt ihnen als planlos, ihr Krisenmanagement als enttäuschend. Vor allem der Vorwurf mangelnder Verantwortung zieht sich durch die Kommentare.
„80 Prozent der Städte in Deutschland leben inzwischen von finanziellen Reserven oder auf Pump (Quelle: ÖRR). 47 Milliarden Defizit in den Sozialkassen. Eine halbe Million fehlende Wohnungen in Deutschland, Stand Februar 2025! ..
„Ein Rundumblick ist ausreichend, um diese Frage mit NEIN zu beantworten. Diese Frau hat Deutschland mehr geschadet als genutzt. Wenn ich dieses Bild schon sehe, wird mir etwas übel. Jeder, der das vor zehn Jahren kritisiert hat, wurde umgehend in die rechte Ecke geschoben; und heute weiß man, die Kritiker hatten recht …
„Das war der größte Fehler, den Deutschland nach dem 2. Weltkrieg gemacht hat. Die Öffnung der Grenzen, das Aufgeben unseres Rechts ein souveräner Staat zu sein. Die Folgen sehen wir jetzt. Die Kriminalität ist sehr hoch, die innere Sicherheit ist nicht mehr gewährleistet, Integration überfordert uns völlig, die Zustände an den Schulen sind …
Zehn Jahre später kann man das alles ja an Fakten messen und da sieht es eben nicht besonders positiv aus. Die Regierung hat tatsächlich ja recht wenig geschafft, kein Wunder, es wurde ja auch annähernd nichts getan, z.B. für den Wohnungsbau, die Schulen, das Gesundheitssystem usw., um auf den höheren Bedarf zu reagieren ..
„Sicher brauchen wir Arbeitskräfte auch aus dem Ausland, aber man hätte sie gezielt anwerben können, nach ihrem Ausbildungsstand und ihren Fähigkeiten
Merkels Vermächtnis scharf kritisiert
Viele Leser machen Angela Merkel persönlich für Fehlentwicklungen verantwortlich. Sie werfen ihr Machtstreben und mangelnde Selbstkritik vor und sehen keine echte Übernahme von Verantwortung. Ihr politisches Erbe gilt ihnen als belastet, öffentliche Ehrungen oder Auszeichnungen stoßen deshalb auf Ablehnung.
„Angela Merkel hat nur einen Orden verdient: den „Die Büchse der Pandora öffnen“-Orden –oder von mir aus cineastischer die ‚Goldene Himbeere‘. Sie hätte einfach nur sich selbst ernst nehmen sollen, als sie (zu Kohl) sinngemäß sagte, ’16 Jahre Kanzlerschaft sind schlecht‘. Aber Eigenerkenntnis ist wahrlich nicht ihre Stärke .
„Merkel hat Deutschland ruiniert, und dafür hat sie auch noch einen Orden bekommen. Einfach nur erbärmlich diese Politiker.
„Darf ich sagen, dass ich diese Frau nicht mag? Sie hat alle getäuscht, selbst ihrem Mentor, Herrn Kohl fiel sie in den Rücken. Sie war nicht die liebe Mutti, die sie immer spielte, sie tat alles, um die Macht zu erreichen und zu erhalten, viele Fehler säumen ihre Kanzlerschaft .
„Die Migration ist seit 2015 die Mutter aller Probleme. Das wird Merkels gesamtes politisches Erbe bestimmen und überschatten.“
Merkels Satz spaltet bis heute
Für viele steht „Wir schaffen das“ sinnbildlich für Überforderung. Manche deuten den Satz sogar als Drohung. Kritisiert wird vor allem, dass die Folgen unterschätzt wurden.
„Merkel hat sich damals nur versprochen. Eigentlich wollte sie sagen: ‚Ich schaffe euch!
„Der Satz ist in sich ein völliger Unsinn. Wir, d.h. Deutschland, hat/hatte gar nichts zu schaffen. Die ‚Zuwanderer‘ hatten etwas zu schaffen. Und, oh Wunder, sie haben es mehrheitlich nicht geschafft, und werden es auch nicht schaffen.
„Wenn ich die Zustände in unserem Land sehe, klingt dieser Satz in meinen Ohren wie blanker Hohn.
Ruf nach klaren Regeln
Einige Leser verlangen eine Einwanderungspolitik mit strikten Kriterien: Wer kommt, soll Ausbildung, Berufserfahrung und Sprachkenntnisse vorweisen. Die bisherige Aufnahme gilt vielen als unkontrolliert. Parteien wie die SPD geraten unter Druck, weil sie nach Ansicht der Bürger keine wirksamen Lösungen präsentieren.
„So sieht es wirklich aus. Eine qualifizierte Zuwanderung bedeutet für mich, dass jemand einen Berufsabschluss, abgeschlossenes Studium usw. vorweisen kann, und zumindest mal geringe Sprachkenntnisse hat, zumindest Englisch. Dafür müssten Zuwanderer sich, schon bevor sie nach Deutschland kommen, bewerben .
Scharfe Kritik an etablierten Parteien
Viele Leser werfen SPD und CDU vor, das Land falsch zu steuern oder Probleme zu ignorieren. Enttäuschung und Misstrauen gegenüber der politischen Klasse prägen die Kommentare. Ein Teil der Leser sieht die Schuld auch bei den Wählern der etablierten Parteien.
„Nicht Merkel ist schuld, es sind jene, die sie ins Amt gebracht und sie dort bestätigt haben, die CDU-Wähler. Und Anfang des Jahres haben diese auch gezeigt, das sie noch nichts verstanden haben. Sämtliche Altparteien haben gezielt und bewusst Politik gegen unsere Bevölkerung gemacht .
„Leider gab es 2015 keine Opposition im Bundestag außer den Grünen. Und die haben, wie nicht anders zu erwarten, gejubelt.
„Mich würde ja mal interessieren, wie viele hier selbst Merkel nach 2015 wiedergewählt haben, sich jetzt aber lautstark beschweren. Diese Leute sind das wahre Problem
Wir schaffen das nicht!“
Vielfach diskutieren Leser die Realität der Integration und die Belastung für das Sozialsystem. Kritisiert werden eine gesellschaftliche Polarisierung, mangelnde Unterstützung der Bürger und fehlende Konsequenz in der Umsetzung.
„Das bedarf keiner Frage. Es ist überall ersichtlich, vor allem die neuen haben’s nicht geschafft sich einzufügen – außer ins Sozialnetz.
„Fragt sich, wer mit ‚wir‘ gemeint ist. Frau Merkel selbst? Ja, die hat es geschafft, der Bevölkerung gegen deren Willen eine Riesenlast aufzubürden. Die Bevölkerung? Die wurde nicht gefragt, sondern gezwungen, die Massenzuwanderung zu ertragen mit allen negativen Auswirkungen – und sie zu bezahlen. Ein paar Idealisten mögen stolz sein …
„Die Bürger sind größtenteils der Meinung: Wir schaffen das nicht! Und zwar seit langem, nicht erst seit gestern. Dennoch scheint diese Ansicht einen Großteil unserer Politiker nicht zu interessieren …
Sonstiges: Spott und Sarkasmus
Ein Teil der Nutzer befasst sich mit ironischen und sarkastischen Bemerkungen zum Satz „Wir schaffen das“. Merkels Formulierung wird ins Lächerliche gezogen
„Ihr schafft das schon, muss es heißen.
„Man muss eigentlich nur mal ganz nüchtern schauen, wie sich das Land in den letzten zehn Jahren entwickelt hat, um die Frage zu beantworten.
„Die Merkel- Gedächtnispoller bei öffentlichen Veranstaltungen sind die Messlatte – auch für Nachhaltigkeit.
Diskutieren Sie mit: Wie beurteilen Sie zehn Jahre nach „Wir schaffen das“ die gesellschaftlichen und politischen Konsequenzen der damaligen Entscheidung? Haben Politik und Gesellschaft Ihrer Meinung nach aus den Erfahrungen gelernt – und falls nicht: Was müsste sich jetzt ändern?
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Artikel von Fabienne Rzitki/ Focus-online