Artikel von Hannes Heine/ T.Tageschau
Arabische Syrer machen in Deutschland mobil – im Fokus stehen Drusen, Alawiten, Kurden. Der Bund Deutscher Kriminalbeamter und die Kurdische Gemeinde befürchten eine Eskalation.
In europäischen Sicherheitskreisen werden Angriffe arabischer Islamisten auf vermeintliche Häretiker befürchtet. Gerade syrische Sunniten bedrohen demnach Drusen, Kurden und Alawiten, wie entsprechende Aufmärsche in den Niederlanden und Deutschland zeigten. Nach unbestätigten Informationen hetzten Islamisten am Wochenende auch in einigen Orten Belgiens gegen säkulare Kurden.
In Deutschland lebende Islamisten rufen derzeit zur Gewalt gegen aus dem Nahen Osten geflohene Minderheiten auf – bedroht werden insbesondere Drusen“, sagte der Vorsitzende des Bundes Deutscher Kriminalbeamter, Dirk Peglow, dem Tagesspiegel. „Die Verherrlichung von Gewalt und die Anstiftung zu Straftaten ist eine ernsthafte Bedrohung für die öffentliche Sicherheit. Es besteht die konkrete Befürchtung, öffentliche Äußerungen aus dem islamistischen Spektrum könnten Einzelpersonen zu schwersten Straftaten motivieren.“
Auf diversen Online-Plattformen rufen hierzulande lebende Syrer auf Arabisch dazu auf, Drusen zu attackieren. Anlass sind die Kämpfe in Südsyriens drusischen Regionen. Drusische Kräfte eroberten dort Suwaida zurück – zuvor wurden dort Massaker von Islamisten verübt, die der Übergangsregierung unter Präsident Ahmed al-Scharaa nahestehen.
Seit dem Sturz des Damaszener Regimes um Baschar al-Assad im vergangenen Winter waren in Deutschland vor allem Alawiten bedroht worden, deren Glaubensrichtung auch der gestürzte Herrscher angehört.
Das Asylrecht ist für politisch und religiös Verfolgte gedacht, nicht für ihre Peiniger und Mörder. Ali Toprak, Kurdische Gemeinde Deutschlands
Für Minderheiten aus dem Nahen Osten ist es nicht verwunderlich, dass dieser Tage syrische Islamisten auf deutschen Straßen losschlagen wollen – das kennen wir seit 2015“, sagt Ali Toprak, der Bundesvorsitzende der Kurdischen Gemeinde Deutschland. Schon damals hätten Islamisten in Asylunterkünften vermeintliche Ungläubige attackiert
Diejenigen, die vor Unterdrückung geflohen sind, dürfen in Deutschland nicht um ihr Leben fürchten müssen“, sagt Toprak weiter. „Wer hier zum Täter wird, hat sein Recht auf Asyl verwirkt.“ Die deutschen Behörden müssten die Regeln des freiheitlichen Rechtsstaats konsequent durchsetzen.
Die Bundesregierung solle umgehend die Grundlagen dafür schaffen, Islamisten auszuweisen, fordert er. „Das deutsche Asylrecht ist für politisch und religiös Verfolgte gedacht, nicht für ihre Peiniger und Mörder“, sagt Toprak. „Das Absurde in Deutschland ist, dass die Opfer offenbar leichter abgeschoben werden könnten als islamistische Täter.“
Nach einer aggressiven Demonstration von Unterstützern des neuen syrischen Machthabers al-Scharaa in Berlin ermittelt das Landeskriminalamt. Die Beamten werten auf der Kundgebung gedrehte Videos aus, auf denen islamistische Schlachtrufe zusehen sein sollen.
Es sollen auch antisemitische Parolen sowie Slogans gegen Drusen und Alawiten gerufen worden sein. Letztere sind aus dem Islam stammende Glaubensgemeinschaften, die von vielen Muslimen als Abtrünnige verfolgt werden.
In Düsseldorf hatten arabische Syrer vor einer Woche eine pro-kurdische Demonstration am Hauptbahnhof angegriffen. An der darauffolgenden Massenschlägerei beteiligten sich der Polizei zufolge Hunderte Männer. Es gab Festnahmen.
In Syriens Norden verteidigt die von Kurden geführte, überkonfessionelle Allianz SDF eine Autonomieregion. Die sunnitischen Herrscher in Damaskus und die benachbarte Türkei wollen diese Regionalregierung zwingen, die Autonomie aufzugeben.