Bundestag stimmt für neues Wehrdienstgesetz

von Fremdeninfo
Bundesweiter Schulstreik wegen Wehrdienstreform in Hannover Bild Cumali Yagmur

Von: Taghes Spiegel 

Der Bundestag hat für die Einführung eines neuen Wehrdienstes gestimmt. Das Gesetz sieht die Musterung aller Männer ab dem Geburtsjahr 2008 vor. Die Entscheidung für den Wehrdienst soll aber freiwillig bleiben.

Nach monatelangem Ringen hat der Bundestag den neuen Wehrdienst zur Stärkung der Bundeswehr beschlossen. Vorgesehen ist laut dem Gesetz ein massiver Aufbau der Streitkräfte – möglichst auf freiwilliger Basis.

Im Falle fehlender Rekruten kann aber nach einem weiteren Gesetzesbeschluss später eine Pflicht greifen. Erst dann müsste die strittige Frage geklärt werden, wen eine Zwangseinberufung träfe und wie sie fair gestaltet würde.

Für das Wehrdienstmodernisierungsgesetz stimmten in namentlicher Abstimmung 323 Abgeordnete. Dagegen votierten 272 Parlamentarier. Es gab eine Enthaltung. Der Bundesrat muss dem Vorhaben noch zustimmen, was für den 19. Dezember geplant ist. Das Gesetz soll ab Januar 2026 greifen. Die frühere Wehrpflicht wurde 2011 ausgesetzt.

 

Dieses Land, diese Demokratie verdient es“

Verteidigungsminister Boris Pistorius sprach von einem entscheidenden Schritt für die Verteidigungsfähigkeit. Um das Gesetz sei gestritten worden, man habe es sich nicht leicht gemacht, räumte der SPD-Politiker ein. Auch die für heute ausgerufenen Schülerstreiks gegen den Wehrdienst zeigten dies.

„Das ist eine Diskussion, die notwendig ist“, so Pistorius. Der Dienst solle zunächst freiwillig sein, klar sei aber auch: „Wenn es nicht reicht, werden wir um eine Teil-Wehrpflicht nicht umhinkommen“, sagte Verteidigungsminister weiter. „Dieses Land, diese Demokratie verdient es.“ Mit Blick auf den Widerstand etwa bei den Linken betonte er: „Unsere Bundeswehr schützt auch die, die sie nicht ausrüsten wollen.“

Der Fraktionsvize der Union, Norbert Röttgen (CDU), würdigte das Gesetz als „ganz wichtigen Baustein“ der sicherheitspolitischen Strategie. Der AfD-Abgeordnete Jörg Zirwes bezeichnete das Gesetz als mutlos.

Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Linken, Desiree Becker, kritisierte, junge Menschen hätten „anderes vor, als im Regiment Merz für das Kapital der Reichen den Kopf hinzuhalten“. Die sicherheitspolitische Sprecherin der Grünen, Sara Nanni, bemängelte, das Gesetz biete keine Antwort auf die Frage der Gesamtverteidigung. Es fehle eine systematische Einbeziehung aller Generationen und Geschlechter.

Bedarfswehrpflicht nur mit neuem Bundestagsbeschluss

Ziel des Gesetzes ist es, dass die Zahl der aktiven Soldatinnen und Soldaten bis 2035 auf 255.000 bis 270.000 steigt. Stand Ende Oktober waren es gut 184.000. Dazu sollen 200.000 Reservistinnen und Reservisten kommen.

Das Verteidigungsministerium muss dem Parlament künftig die Zahlen der Freiwilligen ab 2027 alle sechs Monate vorlegen. Reichen diese nicht aus, kann per Bundestagsbeschluss die sogenannte Bedarfswehrpflicht ausgerufen werden. Diese würde auch eine zwangsweise Einberufung möglich machen.

Wie das Verteidigungsministerium mitteilte, liegt die Zahl der freiwilligen Wehrdienstleistenden derzeit (Stichtag 30. November) bei 12.286 – rund 16 Prozent mehr als 2024.

Fragebogen für alle 18-Jährigen

Das heute beschlossene Gesetz sieht zunächst die Wiedereinführung der Wehrerfassung vor. Alle 18-Jährigen erhalten einen Fragebogen zu Motivation und Eignung. Männer sind verpflichtet, diesen auszufüllen, bei Frauen gilt die Freiwilligkeit. Ebenso wird die verpflichtende Musterung für alle Männer eingeführt, die ab Januar 2008 geboren wurden.

Um möglichst viele von ihnen für einen freiwilligen Dienst zu gewinnen, sind Anreize wie eine monatliche Vergütung von rund 2.600 Euro brutto vorgesehen. In bestimmten Fällen wird zudem ein Zuschuss für den Pkw- oder  Lkw-Führerschein gewährt. Bereits mit dem Anschreiben soll bei jungen Menschen auch etwa für soziale Freiwilligendienste geworben werden.

 

 

 

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