Die schwarz-rote Koalition verschärft das Asylrecht. Künftig soll allein der Bundestag die sicheren Herkunftsstaaten bestimmen. Der Anspruch auf einen Pflichtanwalt für Menschen in Abschiebehaft wird gestrtet.
Der Bundestag hat beschlossen, dass die Bundesregierung Staaten künftig leichter als sichere Herkunftsländer einstufen kann. Dadurch sollen Abschiebungen in diese Länder schneller möglich werden.
Die Regierung kann solche Einstufungen nun per Rechtsverordnung vornehmen, ohne dass der Bundesrat zustimmen muss. Die Neuregelung
gilt für Verfahren nach der Genfer Flüchtlingskonvention und den subsidiären Schutz, nicht jedoch für Asylgesuche.
Einzelfallprüfung bleibt bestehen
Asylanträge von Menschen aus den als sichere Herkunftsstaaten geltenden Ländern lehnt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) in der Regel als »offensichtlich unbegründet« ab. Dies schließt die Anerkennung eines Schutzstatus im Einzelfall nicht aus. Abgelehnte Antragsteller können jedoch leichter und schneller abgeschoben werden.
Der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Sebastian Fiedler, versicherte: »Jede und jeder, der begründen kann, dass Verfolgung droht, erhält Schutz.« Clara Bünger von der Linken sprach dagegen von »Asylverfahren zweiter Klasse«. Filiz Polat (Grüne) hält das Gesetz für verfassungswidrig. AfD-Abgeordneter Christian Wirth erklärte das EU-Asylrecht für dysfunktional und forderte weitere Verschärfungen.
Kein Anspruch mehr auf Pflichtanwalt
Das Gesetz sieht weitere Änderungen vor. Menschen, denen Abschiebehaft oder Ausreisegewahrsam droht, sollen künftig keinen Anspruch mehr auf einen staatlich finanzierten Pflichtanwalt haben. Diese Regelung hatte erst seit dem vergangenen Jahr gegolten.
Der Deutsche Anwaltverein und die Bundesrechtsanwaltskammer kritisieren die Rücknahme. «Noch immer sind über die Hälfte aller Inhaftierungen rechtswidrig. Der Staat muss sich hier eine besonders genaue Prüfung gefallen lassen«, erklärte der Anwaltverein. SPD-Politiker Fiedler sagte, in schwierigen Fällen werde es auch künftig einen Rechtsbeistand geben.
Kein Pass bei Täuschungen im Einbürgerungsverfahren
Wer im Einbürgerungsverfahren täuscht oder bewusst falsche Angaben
macht, soll zudem zehn Jahre lang keinen deutschen Pass mehr erhalten. Die schwarz-rote Koalition reagiert damit auf Ermittlungen zu gefälschten Sprachzertifikaten in mehreren Bundesländern. »Wer im Einbürgerungsverfahren schon versucht zu täuschen, der hat den deutschen Pass nicht verdient«, sagte der innenpolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, Alexander Throm (CDU)
Die Sperre soll greifen, wenn eine Behörde den Betrug eindeutig festgestellt oder eine Einbürgerung rechtskräftig zurückgenommen hat. Sie soll auch gelten, wenn Antragsteller vorsätzlich falsche oder unvollständige Angaben zu wichtigen Voraussetzungen machen.
Kritik von Flüchtlingsorganisation Pro Asyl
Mit dem Bundestagsbeschluss »geht der Politikwechsel in der Migrationspolitik weiter«, sagte Throm. Laut ihm wolle man bald Algerien, Indien, Marokko und Tunesien als sichere Herkunftsländer einstufen.
Die Flüchtlingsorganisation Pro Asyl sieht hingegen »zwei sehr problematische Regelungen verabschiedet«. Mit der Bestimmung sicherer Herkunftsstaaten per Rechtsverordnung »wird ein Gesetzgebungsprozess absichtlich umgangen, obwohl er verfassungsrechtlich vorgeschrieben ist«, kritisierte die rechtspolitische Sprecherin der Organisation, Wiebke Judith.