Artikel von dw.com
Die „Operation Midway Blitz“ der Einwanderungsbehörde ICE in der Millionenmetropole Chicago soll sich gegen „kriminelle illegale Ausländer“ richten. Kritiker sehen andere Motive.
Wenn ihr illegal in unser Land kommt und unsere Gesetze brecht, werden wir euch jagen, festnehmen, abschieben und ihr werdet niemals zurückkehren“, hieß es in der Ankündigung des Heimatschutzministeriums. Die Behörde stellt den Einsatz „Operation Midway Blitz“ in Zusammenhang mit dem Tod einer jungen Frau, die im Januar bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen war. Das Heimatschutzministerium macht dafür einen betrunkenen Einwanderer verantwortlich.
Details dazu, wie der Einsatz in Chicago genau aussehen soll, wurden nicht genannt. Unklar war auch, ob der Einsatz bereits läuft, und ob wie in den anderen demokratisch regierten Großstädten Los Angeles und Washington die
Chicagos Bürgermeister Brandon Johnson schrieb im Onlinedienst X, die Stadtverwaltung sei von der US-Regierung nicht über verstärkte Maßnahmen rund um Migration informiert worden. Die Stadt lehne ein militarisiertes Vorgehen ohne ordnungsgemäßes Verfahren weiterhin ab.
Auch Illinois‘ demokratischer Gouverneur JB Pritzker reagierte empört und machte US-Präsident Donald Trump schwere Vorwürfe. Seiner Regierung gehe es bei dem Schritt nicht um die Bekämpfung von Kriminalität, schrieb er auf X. „Anstatt Maßnahmen zu ergreifen, um mit uns bei der öffentlichen Sicherheit zusammenzuarbeiten, hat sich die Trump-Regierung darauf konzentriert, die Einwohner von Illinois zu verunsichern.“
Kriegszustände in Chicago?
Erst am Wochenende schrieb Trump in einem Onlinepost, Chicago werde bald herausfinden, warum das US-Verteidigungsministerium nun „Kriegsministerium“ heiße. Er hatte die Umbenennung am Freitag per Dekret festgelegt. Der Social-Media-Post vom Wochenende zeigt ein Bild von Trump in Militärkleidung, im Hintergrund sind Hubschrauber über der Skyline von Chicago zu sehen, dazu das Zitat: „Ich liebe den Geruch von Abschiebungen am Morgen“ – alles Anspielungen auf den Film „Apocalypse Now“ aus dem Jahr 1979.
Oberster Gerichtshof erlaubt verdachtsunabhängige Kontrollen
Die Ankündigung des Einsatzes in Chicago fiel mit einer Entscheidung des Obersten US-Gerichts zusammen, das den Behörden verdachtsunabhängige Kontrollen von Migranten im Raum Los Angeles vorerst wieder erlaubt. Im Juli hatte ein Gericht Beamten in Los Angeles verboten, wahllos Personen etwa aufgrund ihres Aussehens oder ihrer Sprache und ohne hinreichenden Verdacht anzuhalten. Kritiker sprechen in diesen Fällen von „Racial Profiling“. Am Montag hob der Oberste Gerichtshof diese Beschränkung auf, bis es eine inhaltliche Entscheidung in der Berufungssache gibt. Eine Begründung des Supreme Courts in Washington gab es zunächst nicht.
Die Entscheidung galt zwar zunächst nur für den Raum Los Angeles. Kritiker befürchteten jedoch einen gefährlichen Präzedenzfall. Auch unter den Richtern im Supreme Court gab es scharfe Kritik. „Wir sollten nicht in einem Land leben müssen, in dem die Regierung jeden festnehmen kann, der lateinamerikanisch aussieht, Spanisch spricht und offenbar in einem Job mit niedrigem Lohn Trumps christliche Werte
Während Trump Chicago offen mit einem Militäreinsatz gegen illegal eingewanderte Migranten droht, verficht der US-Präsident in einer Rede fromme christliche Werte. Zudem gratulierte er auf seiner Plattform „Truth Social“ der Jungfrau Maria, „Königin des Friedens!“. Der US-Präsident schlug vor, dass sich US-Bürger wöchentlich in Gruppen von zehn Personen versammeln sollten, um sich im Gebet auf den 250. Jahrestag der nationalen Unabhängigkeit vorzubereiten und für das Heil des Landes zu beten, wie die „Washington Post“ berichtet. Die Zeitung wertet das als eine Verwischung der verfassungsmäßigen Trennung von Kirche und Staat.
fab/se (dpa, rtr, afp, kna, ap)