Von: Volat Vorarlberg-online
Die Dreierkoalition bringt wie angekündigt ein Kopftuchverbot für unmündige Mädchen an Schulen auf den Weg. Ein entsprechender Gesetzesentwurf geht am Mittwoch in Begutachtung, wie Integrationsministerin Claudia Plakolm (ÖVP) nach dem Ministerrat ankündigte. Bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres soll demnach das Tragen des Kopftuchs sowohl in öffentlichen als auch in privaten Schulen verboten werden.
Es ist bereits der zweite Anlauf für ein gesetzliches Kopftuchverbot. 2020 hatte der Verfassungsgerichtshof (VfGH) ein 2019 von der ÖVP-FPÖ-Regierung unter Sebastian Kurz (ÖVP) beschlossenes Kopftuchverbot an den Volksschulen gekippt. Die Regelung ziele nur auf Muslime ab, was dem Gebot der religiösen Neutralität des Staates widerspreche, kritisierte der VfGH.
Begleitende Maßnahmen
Um den Bedenken des VfGH entgegenzutreten, werden nun auch begleitende Maßnahmen beschlossen, die auf die Stärkung von Mädchen abzielen, aber auch Eltern, Lehrkräfte, Burschen sowie die Islamische Glaubensgemeinschaft aktiv einbinden sollen. So ist etwa eine zielgerichtete Burschen- und Männerarbeit geplant, um Bewusstsein für Gleichberechtigung und Selbstbestimmung zu schaffen. Verwiesen wird zudem auf eine Studie aus Frankreich, wonach ein dort 1994 eingeführtes Verbot nicht zum Rückzug muslimischer Mädchen aus dem Bildungssystem geführt hat, sondern zu einer Verbesserung ihrer schulischen Leistungen und eine integrationsfördernde Wirkung zur Folge hatte.
Skeptisch zeigte sich Verfassungsexperte Heinz Mayer. Er hält eine verfassungskonforme Umsetzung des Kopftuchverbots für schwierig, wie er am Rande einer Pressekonferenz erklärte. „Der VfGH hat 2020 sehr enge Grenzen gesetzt. Es geht um die Unterdrückung von Mädchen, und da hat der VfGH völlig richtig gesagt, warum setzt man nicht bei den Unterdrückern an? Warum setzt man bei den Mädchen an?“ Geldstrafen von 1.000 Euro hält er für keine gute Idee. „Das Kopftuch ist ein Symbol, aber das (Verbot, Anm.) bekämpft ja nicht die Ursache.“
Protest kam von der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGÖ). Das Kopftuchverbot verletzte Grundrechte und spalte die Gesellschaft, kritisierte sie. Der VfGH habe unmissverständlich festgestellt, dass ein solches Verbot verfassungswidrig sei, da es gezielt eine religiöse Minderheit betrifft und den Gleichheitsgrundsatz verletzt. „Anstatt Kinder zu stärken, werden sie stigmatisiert und ausgegrenzt.“ Man werde die Verfassungskonformität prüfen lassen, bleibe gleichzeitig aber gesprächsbereit, so die IGGÖ.
FPÖ und Grüne unterstützen Verbot
Ungewöhnliche Unterstützung für die Regierungsmaßnahme kam von der Opposition. Das Kopftuchverbot für Unter-14-Jährige könne aber „nur ein allererster Schritt“ sein, meinte FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz und forderte ein generelles Kopftuchverbot an Schulen auch für ältere Schülerinnen, für Lehrerinnen und andere Betreuungspersonen sowie ein Verbotsgesetz gegen den politischen Islam. Dass Kinder gezwungen würden, ein Kopftuch zu tragen, sei mittlerweile ein echtes Problem in den Schulen, meinte indes die Grüne Vize-Klubobfrau Sigrid Maurer. „Es ist die Aufgabe der Politik, solchen Fehlentwicklungen entgegenzutreten und dafür stehen wir Grüne bereit.“ Ob der neue Vorschlag verfassungskonform sei, müssten nun Juristinnen und Juristen prüfen.
Eine klare Meinung dazu hat bereits die Bundesjugendvertretung (BJV). Das Gesetz diskriminiere trotz begleitendem Maßnahmenpaket muslimische Mädchen aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit und widerspreche damit der UN-Kinderrechtskonvention, kritisierte die BJV.
(APA)