Von: Dtj.Online
Die Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen haben einmal mehr gezeigt, dass der politische Gestaltungswille vieler Migranten-Selbstorganisationen in Deutschland an der Realität scheitert. Trotz jahrelanger Bemühungen, eigene Listen aufzustellen oder neue Parteien zu gründen, bleibt der politische Einfluss marginal. Besonders sichtbar waren dabei deutsche Bürger mit türkischen Wurzeln, die seit Jahren versuchen, ein politisches Gegengewicht in den Kommunen zu schaffen.
Seit vielen Jahren ist das „Bündnis für Innovation und Gerechtigkeit“ (BIG) mit Haluk Yıldız an der Spitze Bestandteil der politischen Landschaft in Bonn und darüber hinaus. Doch auch 2025 gelang es der Partei nicht, aus dem Schatten herauszutreten. Yıldız’ pragmatische Versuche, durch Fusionen mit anderen Neugründungen die Kräfte zu bündeln, sind stets gescheitert. Stattdessen spaltete sich die politische Landschaft weiter auf – ein altbekanntes Muster.
Von Erdoğan beflügelt – trotzdem krachend gescheitert
Einen kurzen Moment politischer Aufmerksamkeit erlebte die Allianz Deutscher Demokraten (ADD) vor einigen Jahren. Getragen von der symbolischen Unterstützung des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan glaubten ihre Gründer Remzi Aru, Bilgili Üretmen und Ramazan Akbaş, den Durchbruch geschafft zu haben. Doch die große Geste aus Ankara erwies sich als Strohfeuer. Heute ist die ADD von der Bildfläche verschwunden, übrig bleibt ein weiteres Kapitel gescheiterter Integrationspolitik im politischen Raum.
DAVA: Aufstieg und schneller Absturz
Neuen Schwung versprach zuletzt die „Demokratische Allianz für Vielfalt und Aufbruch“ (DAVA). Ihre Gründung löste bundesweit mediale Aufmerksamkeit aus. In Duisburg sorgte die Partei bei der Europawahl sogar für Schlagzeilen, als sie in einzelnen Stimmbezirken über 40 Prozent erreichte. Doch der Erfolg beruhte auf einer äußerst niedrigen Wahlbeteiligung: 90 Stimmen reichten in einem Bezirk bereits für den „Sieg“. Bundesweit blieb das Ergebnis mit 148.496 Stimmen und 0,4 Prozent bedeutungslos. Bei der Bundestagswahl 2025 wurde ihre Landesliste in NRW gar nicht erst zugelassen.
Auch bei den Kommunalwahlen am 14. September konnte DAVA nicht überzeugen. In Bonn scheiterte ihre OB-Kandidatin Merve Nur Laçin-Kılınç mit 0,4 Prozent (683 Stimmen). Ihr Ergebnis blieb sogar hinter dem von Haluk Yıldız zurück, der 0,9 Prozent (1.522 Stimmen) erzielte – ein bitteres Duell um Hundertstel-Prozente ohne politischen Effekt.
Neue Gesichter, alte Muster
In Solingen trat mit der „ABI“ eine neue Partei an. Deren OB-Kandidatin Büşra Nur Çetin kam auf immerhin 1,6 Prozent (1.212 Stimmen) und übertraf damit Haluk Yıldız wie auch Merve Nur Laçin-Kılınç zusammengenommen, zumindest prozentual. Ihr Achtungserfolg speiste sich aus ihrer Bekanntheit im Stadtrat, dem sie bereits mit 19 Jahren angehört hatte. Dennoch bleibt auch dieses Ergebnis weit unter den Ansprüchen, während gleichzeitig die AfD in Solingen ein deutliches Ausrufezeichen setzte: Sie erhielt 15,0 Prozent (11.377 Stimmen) und damit das Dreifache ihres Ergebnisses von 2020.
Für eine Stadt mit dieser historischen Geschichte, dem schweren Erbe des rassistischen Brandanschlags, eine Hiobsbotschaft für alle, die seit Jahren „Nie Wieder!“ rufen.
Auch in Dortmund zeichnete sich ein ähnliches Bild. Özkan Arıkan vom „Bündnis für Vielfalt und Toleranz“ erzielte 1,3 Prozent (3.852 Stimmen) bei der OB-Wahl, seine Partei kam bei den Ratswahlen auf 1,6 Prozent (4.731 Stimmen). Parallel dazu legte die AfD massiv zu und erreichte 11,1 Prozent (32.721 Stimmen).
Gelsenkirchen und Hagen: AfD auf dem Vormarsch
Besonders alarmierend ist die Entwicklung in Gelsenkirchen. Während die Wählerinitiative Nordrhein-Westfalen mit OB-Kandidat Sinan Böcek 2,5 Prozent (2.046 Stimmen) erreichte, schaffte die AfD mit Norbert Emmerich 29,8 Prozent (24.327 Stimmen) und zog in die Stichwahl gegen die SPD ein.
In Hagen wiederholte sich das Szenario: AfD-Kandidat Michael Eiche kam auf 21,2 Prozent (18.051 Stimmen) und könnte ebenfalls in die Stichwahl einziehen. CDU-Kandidat Dennis Rehbein erhielt 25,1 Prozent (21.380 Stimmen). Die Migrantenparteien hingegen blieben im Promillebereich: Mohammad M. Ikram (Die Gerechtigkeitspartei – Team Todenhöfer) kam auf 0,9 Prozent (764 Stimmen).
Duisburg: Ein kleines Plus ohne Relevanz
In Duisburg konnte Ayhan Yıldırım mit seiner „Duisburger Alternative Liste“ 2,6 Prozent (4.982 Stimmen) erzielen. Bei den Ratswahlen verbesserte sich die Partei leicht auf 2,0 Prozent (3.817 Stimmen). Doch auch hier überstrahlte der massive Zuwachs der AfD das Ergebnis: Sie legte um 11,9 Prozentpunkte zu und erreichte 19,6 Prozent (37.412 Stimmen).
Das bittere Fazit für Kleinstparteien
Die Kommunalwahlen 2025 in NRW markieren das erneute Scheitern migrantischer Parteien und Wählergruppen. Trotz Engagement und einzelner respektabler Achtungserfolge bleibt das Gesamtbild ernüchternd. Zersplitterung, mangelnde Kooperation und politische Unerfahrenheit verhindern seit Jahren eine ernsthafte Etablierung. Währenddessen gelingt es der AfD, in fast allen Städten dramatisch zuzulegen – und in Gelsenkirchen und Hagen sogar in die Stichwahl einzuziehen.
Was bleibt, ist die Erkenntnis: Der Wille zur politischen Teilhabe ist da. Mehr aber auch nicht