Aufruf zur Einheitsfront gegen den Faschismus

von Fremdeninfo
Cumali Yağmur ve Can Taylan Tapar

Die seit 23 Jahren andauernde AKP-MHP-Regierung in der Türkei hat ein klerikal-faschistisches Regime errichtet, das eine feindselige Haltung gegenüber allen Andersdenkenden an den Tag legt. Dieses Regime trägt das Merkmal, die am längsten andauernde faschistische Herrschaft in der Geschichte der Türkei zu sein. Unter diesen Umständen ist unsere wichtigste Aufgabe heute, das Konzept einer „Einheitsfront gegen den Faschismus“ in die Tat umzusetzen.

Der vereinte Kampf gegen den Faschismus hat sich im Laufe der Geschichte als die wirksamste Methode erwiesen, um autoritäre Regime durch die Volksmassen zu stürzen. Der Aufruf zur „Einheitsfront“ betrachtet den Faschismus nicht nur als ein Unterdrückungsregime, sondern auch als die aggressivste Form der Kapitalherrschaft.

Wir durchleben eine Zeit, in der die Wirtschaft des Landes am Boden liegt, die Währung an Wert verliert und die Preise exorbitant steigen. Das Wohlstandsniveau der breiten Bevölkerungsschichten sinkt zusehends, und die Armut nimmt zu. Auf Kurden, Aleviten und anderen Minderheiten im Land lastet eine vervielfachte Ausbeutung und Unterdrückung. Wir erleben eine Phase, in der die Gewerkschaftsrechte der Arbeiter verboten und Kleingewerbetreibende in einer wirtschaftlichen Notlage ächzen. Heute setzt das autoritäre Regime der AKP-MHP seine unerbittlichen Angriffe gegen alle progressiven Kräfte des Landes fort.

Aus diesem Grund müssen wir die faschistischen Regime der Vergangenheit mit den heutigen autoritären Tendenzen vergleichen, die Entwicklungen in der Türkei in diesem Kontext analysieren und, ausgehend von den historischen Lehren, neue und wirksame Methoden des demokratischen Kampfes diskutieren.

Aufruf zur Einheitsfront

Die autoritäre Ein-Mann-Herrschaft hat sämtliche staatlichen Institutionen im Einklang mit ihren eigenen Interessen von oben nach unten neu organisiert und vollständig unter ihre Kontrolle gebracht. Angesichts dieser Situation müssen alle progressiven Kräfte des Landes ihre internen Konflikte beiseitelegen und dringend das Konzept der „Einheitsfront“ umsetzen, das die Volksmassen und alle demokratischen Segmente auf einem gemeinsamen Nenner vereint. Die gegenwärtige autoritäre und faschistische Regierung in der Türkei kann nur durch den gemeinsamen Kampf der Volksmassen gestürzt werden. Hierbei fällt den Sozialdemokraten, Sozialisten und Revolutionären die Aufgabe zu, die treibende Kraft bei der Organisierung der Front zu sein.

Antidemokratische Praktiken des Regimes:

  • Die Vereinnahmung der Justiz: Die richterliche Unabhängigkeit wurde vollständig beseitigt, alle Macht in den Händen der Exekutive konzentriert und die Justiz zu einem Kontrollinstrument der Regierung umfunktioniert.

  • Die Nichtanerkennung der EGMR-Urteile: Die Weigerung, die rechtmäßigen und bindenden Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) in den Fällen von Selahattin Demirtaş, Osman Kavala und Figen Yüksekdağ umzusetzen, zeigt, dass im Land nicht das Recht, sondern das autoritäre Regime eines einzelnen Mannes herrscht.

  • Die Usurpation des Volkswillens: Die Amtsenthebung und Verhaftung der gewählten Bürgermeister der DEM-Partei und die Einsetzung von Zwangsverwaltern an ihrer Stelle ist eine offene Usurpation des Volkswillens und stellt das diktatorische Regime in seiner reinsten Form dar.

  • Die Mundtotmachung der Medien: Ein Großteil der Medien steht unter der Kontrolle der Regierung. Alternative Medienhäuser sind systematischen Angriffen ausgesetzt, und Journalisten werden inhaftiert.

  • Die Zerstörung der Zivilgesellschaft: Die Zivilgesellschaft steht unter massivem Druck. Die Meinungs- und Organisationsfreiheit ist nahezu vollständig aufgehoben. Selbst der kleinste demokratische Widerstand wird mit brutaler Repression und Verhaftungen beantwortet.

  • Menschenrechtsverletzungen in den Gefängnissen: Die Gefängnisse sind überfüllt mit Regimegegnern, Politikern und sogar schwangeren Frauen, die Folter ausgesetzt sind.

Historische Verantwortung und unser Aufruf:

Der vereinte Kampf der breiten Volksmassen hat in der Vergangenheit den Faschismus in Deutschland, Spanien, Italien und Chile zerschlagen. Die Geschichte überträgt den Völkern der Türkei, den Sozialdemokraten, Demokraten, Sozialisten und Revolutionären in dieser Hinsicht eine große Aufgabe.

  • Wir rufen alle progressiven Kräfte in der Türkei auf, ihre parteiischen, gruppenspezifischen und ideologischen Interessen beiseitezulegen und sich unverzüglich auf der Grundlage eines Minimalprogramms zu einer Einheitsfront zusammenzuschließen.

  • Eine unserer Hauptaufgaben muss es sein, in Europa dafür zu sorgen, dass jegliche wirtschaftliche Unterstützung für den Faschismus in der Türkei entzogen und Waffenverkäufe sofort gestoppt werden.

  • Wir müssen aus der Vergangenheit lernen und unsere heutigen Aufgaben im Kampf gegen den Faschismus erfüllen. Hierbei müssen wir uns bewusst sein, dass jeder Einzelne eine Aufgabe hat.

von Cumali Yağmur & Can Taylan Tapar

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