Correctiv skandalisiert Forschungsprojekt von Ahmad Mansour

von Fremdeninfo

Artikel von Thomas Thiel/ Faz

Die Rechercheplattform Correctiv hat wieder einmal einen Fund gemacht. Die Bundesregierung, so die Enthüllung, hat ein Forschungsprojekt des Islamismusexperten Ahmad Mansour bewilligt, obwohl Gutachter es im ersten Anlauf negativ bewertet haben. Das skandalisierte Projekt namens „Dis-ident“ wird vom Bundesforschungsministerium seit Juli mit rund neun Millionen Euro gefördert und ist dem Kampf gegen Antisemitismus in Schulen gewidmet. Träger ist die vom Ehepaar Beatrice und Ahmad Mansour geleitete Firma „Mind Prevention“, beteiligt sind fünf Universitäten, die am Antrag mitschrieben, aber unabhängig von Mansour ihre Forschung betreiben. Die Universitätsforscher sollen die Wirksamkeit der Antisemitismusprävention von „Mind Prevention“ untersuchen, das daraus wiederum praktische Folgerungen für die Präventionsarbeit ableitet. Ahmad Mansour ist ein bekannter Islamismusexperte und eine Reizfigur in Kreisen, die Islamismus für ein kleineres Problem halten, als Mansour das tut. Nur ist er gar nicht Leiter des Projekts, sondern seine Ehefrau Beatrice. Warum wird dies von Correctiv konsequent ignoriert, obwohl es im Antrag so ausgewiesen ist? Vermutlich weil die Sache sonst niemanden interessiert hätte. Bei näherer Hinsicht ist der Skandalgehalt gering.

Das Recherchekollektiv kritisiert, das damals noch von der FDP geführte Bundesforschungsministerium habe das Projekt gegen wissenschaftlichen Rat ohne kompetitives Verfahren durchgewinkt, nachdem es von einem FDP-Politiker im Haushaltsausschuss dazu aufgefordert worden sei. Einen begutachteten Antrag hat Mansour jedoch gestellt. Drei Gutachter monierten, die Projektskizze werfe einen „defizitorientierten Blick auf Menschen mit Migrationsbiografien und muslimischer Religiosität“ und basiere auf der Vorannahme, in einem muslimischen Kulturkreis seien antisemitische Einstellungen „per se gegeben“.

Wissenschaftlich abgesichertes Faktum ist, dass Antisemitismus in muslimischen Ländern und in Europa unter Muslimen stark ausgeprägt ist. Empirisch belegt ist auch, dass israelbezogener Antisemitismus unter Migranten aus dem arabischen und türkischen Raum überproportional verbreitet ist. Vor diesem Hintergrund ist es für eine Studie, die den Zusammenhang von Antisemitismus und islamistischer Radikalisierung untersucht, sinnvoll, gezielt muslimische Jugendliche anzusprechen, solange sie dies nicht ausschließlich tut. Daneben kritisierten die Gutachter an der ersten Skizze zu Recht andere Dinge wie die mangelhafte Berücksichtigung des Forschungsstands oder die unklare Arbeitsteilung zwischen den Projektpartnern. Im Ganzen beurteilten sie das Projekt als nicht förderungswürdig.

Suggestive Berichterstattung

Auf Forderung des Ministeriums reichte Beatrice Mansour gemeinsam mit den beteiligten Wissenschaftlern einen zweiten, deutlich umfangreicheren Antrag ein, der die Monita einarbeitet und schon am Tag nach der Einreichung unter der Auflage vorläufig bewilligt wurde, die weiteren Em­pfeh­lungen der Gutachter einzuarbeiten – kurz darauf wären die Mittel verfallen. Zu einer zweiten Prüfung kam es jedoch nicht, weil die Gutachter diese mit dem Argument ablehnten, die Vorarbeiten seien schon zu weit fortgeschritten. Sie drangen stattdessen auf eine externe Evaluation und Qualitätssicherung. Das Ministerium erfüllte beide Forderungen. Wo ist der Skandal?

Correctiv reicht die Frage an einen Soziologieprofessor mit Expertise für interpretative Methoden weiter, der die im zweiten Antrag detailliert beschriebene Methodik ohne nähere Angabe von Gründen „nebulös“ findet. Außerdem kritisiert er die fehlende Aufklärung über Teilnahmebedingungen und Datenverarbeitung. Die ausführlichen Bestimmungen dazu im Forschungsantrag hat er wohl überlesen. Schwer wiegt sein im Artikel ebenfalls unbelegt bleibender Vorwurf, das Forschungsdesign sei nicht ergebnisoffen; er richtet sich in erster Linie an die beteiligten Universitäten. Einmal wagt die Correctiv-Autorin sogar eine Art eigenes Urteil: Zur vorgesehenen ethischen Prüfung des Projekts durch die Deutsche Gesellschaft für Psychologie merkt sie an, dass diese nicht, wie üblich, schon vor der Bewilligung erfolgt sei. Eine generelle Pflicht dazu gibt es allerdings nicht. Die Anmerkung ist nicht explizit als Vorwurf formuliert, soll aber wohl so verstanden werden.

Das wirft ein Schlaglicht auf die journalistische Vorgehensweise. Der Correctiv-Beitrag ist suggestiv und voreingenommen. Ahmad Mansour wird mit Zitaten, deren Wahrheitsgehalt nicht diskutiert wird, als Problemfigur eingeführt. Wissenschaftler werden als unumstößliche Autoritäten für Fragen eingeführt, in denen sie keine besondere Expertise haben. Ihr Urteil wird auch dann als Beweis angeführt, wenn es nicht begründet wird oder sich nicht bestätigt.

Es ist auch nicht unüblich, dass Förderprojekte trotz negativer Gutachten oder ohne Wettbewerb im Eilverfahren bewilligt werden, auch wenn dies kritisch zu sehen ist. Der Soziologe Ruud Koopmans weist darauf hin, die Gründung des Deutschen Zentrums für Integrations- und Mi­grationsforschung sei ebenfalls ohne Ausschreibung beschlossen worden, der dort angesiedelte millionenschwere Nationale Diskriminierungs- und Rassismusmonitor sogar ohne Gutachten, was das Bundesfamilienministerium auf Nachfrage bestätigt. Das Zentrum verfolgt allerdings einen anderen Ansatz in der Integrationsforschung als das Ehepaar Mansour und dürfte von kritischen Recherchen verschont bleiben. Oder sollten in dieser Richtung weitere spektakuläre Enthüllungen aus dem Hause Correctiv zu erwarten sein?

In der von den Mansours betriebenen Forschung stellt sich das Gutachterpro­blem in spezieller Weise. Es ist kein Geheimnis, dass Projekte, die sich kritisch mit Islamismus befassen, in der damit befassten Wissenschaft einen schweren Stand haben. Oft wird die Schuld für Antisemitismus bei Muslimen standardmäßig der diskriminierenden Mehrheitsgesellschaft zugeschrieben, was schon deshalb nicht stimmen kann, weil er auch außerhalb Deutschlands stark verbreitet ist, und was oft dazu führt, dass die tieferen Ursachen unerforscht bleiben. Beatrice und Ahmad Mansour, die auf religiöse und kulturelle Quellen von Antisemitismus hinweisen, sind in diesem Schema hinderlich und müssen niedergehalten werden. Die von ihnen angesprochenen Probleme werden ausgeblendet und wachsen, was angesichts des grassierenden Antisemitismus unverantwortlich ist. Dass eine Plattform wie Correctiv dem Vorschub leistet, ist keine Überraschung, bringt der angeblich dadurch geschützten Demokratie in Wirklichkeit aber Schaden.

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