Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Wiesbaden, die Klage des türkisch-islamischen Verbandes DITIB gegen den staatlich organisierten Islamunterricht abzuweisen, ist ein wichtiges Signal für die Bildungspolitik in Hessen und darüber hinaus. Im Kern bestätigt das Gericht die Trennung von bekenntnisorientiertem Religionsunterricht, der in Kooperation mit Religionsgemeinschaften wie dem türkischen Moscheenverband DITIB angeboten wird, und einem staatlichen Angebot, das Wissen über den Islam vermittelt, aber keine Glaubensunterweisung beinhaltet.
Religionsunterricht soll Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit bieten, ihren Glauben zu reflektieren und zu vertiefen – und zwar in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der jeweiligen Religionsgemeinschaft. Doch das Modell der Kooperation mit DITIB ist umstritten. Kritiker verweisen auf die enge Bindung des Verbandes an die türkische Religionsbehörde Diyanet und damit letztlich an den türkischen Staat. Andererseits mangelt es bei der Partnersuche an alternativen, ausreichend organisierten und unabhängigen islamischen Religionsgemeinschaften.
Vor diesem Hintergrund erscheint der staatliche Islamunterricht als eine pragmatische Ergänzung. Er vermittelt Wissen über den Islam, seine Geschichte, Ethik und kulturelle Bedeutung, bleibt dabei aber neutral und ohne Glaubensvermittlung. Das Gericht erkennt an, dass dieses Angebot keine Konkurrenz zum bekenntnisorientierten Unterricht schafft, sondern eine eigenständige Alternative ist, die dem Neutralitätsgebot des Staates entspricht. Die Rechte der Religionsgemeinschaften werden dadurch nicht beschnitten.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, in seiner Aussage aber hoffentlich deutlich genug, um dem Streit zwischen DITIB und Kultusministerium an dieser Stelle ein Ende zu setzen. Die Grundsatzfrage, ob eine Zusammenarbeit des Staates mit dem Moscheenverband überhaupt noch angeraten ist, bleibt indes ungeklärt. DITIB steht weiter im Verdacht, eine von der islamisch-konservativen Regierung der Türkei geführte Marionette zu sein.
Seit das hessische Kultusministerium vor vier Jahren mit dem Versuch scheiterte, die Zusammenarbeit mit DITIB zu beenden, steht der Verband unter strenger Beobachtung. Langfristig bleibt es eine Herausforderung, tragfähige Strukturen für den islamischen Religionsunterricht zu schaffen, die sowohl den Anforderungen des Grundgesetzes als auch den Realitäten muslimischen Lebens in Deutschland gerecht werden – und dabei weder staatliche Neutralität noch die Religionsfreiheit kompromittieren.
Artikel von Ralf Euler – Faz