Salafisten-Prediger soll seine Ehefrau vergewaltigt haben

                 Geschichte von Ulrich Kraetzer/Welt 
Auf der Social-Media-Plattform TikTok hetzt der islamistische Influencer Ibrahim El Azzazi gegen „menschengemachte“ Gesetze und rechtfertigt das Schlagen der Ehefrau. Nun steht er wegen des Verdachts des sexuellen Missbrauchs vor Gericht.
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Seine Anhänger erreicht der salafistische Influencer Ibrahim El Azzazi vor allem über seinen TikTok-Account Screenshot WELT © Bereitgestellt von WELT

 

In der Szene der salafistischen Influencer gehört Ibrahim El-Azzazi zu den Stars. Auf der Social-Media-Plattform TikTok zählt der selbst ernannte Gelehrte mehr als 100.000 Follower. Die Youtube-Videos des in Gelsenkirchen gemeldeten Mannes erreichten laut Inlandsgeheimdienst mehr als zehn Millionen Aufrufe.

Der nordrhein-westfälische Verfassungsschutz warnte in einem jüngst erschienen Lagebild Islamismus, das extremistisch-salafistische Spektrum bereite den „Boden für Radikalisierungsprozesse“. Die Szene eröffne zudem ein Rekrutierungspotenzial für anschlagsbereite jihadistische Gruppen. Die sozialen Medien spielten bei der Verbreitung salafistischer Botshaften eine zentrale Rolle.

El Azzazi gehöre zu den wichtigsten Akteuren der Szene. In seinen Ansprachen fordere er „eine Abgrenzung von Muslimen gegenüber den ,Kuffar’ (Ungläubigen)“. Offenbar um neue Anhänger zu gewinnen, pflege er zudem Kontakte zu kriminellen Clan-Angehörigen. Der baden-württembergische Verfassungsschutz attestiert El Azzazi, „das gesamte salafistische Agitationsfeld“ zu bespielen. Die Gleichberechtigung von Mann und Frau lehne er ebenso ab wie „menschengemachte“ Gesetze.

Zur Rolle von Frauen sagt der 27-Jährige in seinen Kurzclips, sie würden im Islam „behütet und beschützt“. Zu den Pflichten des Ehemanns gehört es, „dass, wenn er sie schlägt, dass er sie nicht ins Gesicht schlägt“.

Nun steht der salafistische Propagandist mit den ägyptischen Wurzeln vor Gericht – wegen Körperverletzung und sexuellen Missbrauchs. Die Essener Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, seine nach islamischen Ritus angetraute Ehefrau geschlagen und vergewaltigt zu haben.

Eine Sprecherin des Landgerichts Essen bestätigte auf Anfrage von WELT, dass El-Azzazi die „Geschädigte“, so heißt es im Amtsdeutsch, im November 2021 mit einem sogenannten Kubotan – einem kurzen als Schlüsselanhänger

konzipierten Stock, der üblicherweise als Schlagverstärker eingesetzt wird – an der Hand verletzt haben soll.

Bei anderer Gelegenheit habe er sie am Hals gewürgt, sodass sie „für ca. eine Minute keine Luft mehr bekam“. Im Februar 2022 soll El Azzazi gegen den Willen der Frau mit seiner Hand in ihre Vagina eingedrungen sein. Anschließend habe er sie vergewaltigt. Rund zwei Wochen danach entkleidete El-Azzazi die Frau laut Anklage gegen ihren Willen – und missbrauchte sie erneut.

Ein Ermittlungsrichter erkannte in der Sache einen dringenden Tatverdacht. Aufgrund eines Haftbefehls vom 29. Februar kam El-Azzazi in Untersuchungshaft. Erst am ersten Verhandlungstag vor dem Landgericht Essen vor etwa einer Woche kam er gegen Auflagen wieder auf freien Fuß. Er muss sich regelmäßig bei den Behörden melden.

Ob El Azzazi verurteilt wird, ist unklar. Sein Verteidiger, der Essener Rechtsanwalt Roland Rautenberger, sagte WELT, die Geschädigte habe in ihrer nicht-öffentlichen Aussage vor Gericht deutlich gemacht, dass sein Mandant nicht gegen ihren Willen gehandelt habe. Er strebe einen Freispruch an. El Azzazi hat sich in dem Verfahren zur Sache bislang nicht geäußert.

Der nächste Verhandlungstag in dem Verfahren ist laut Essener Landgericht für den 24. Juni angesetzt. Laut einer Sprecherin könne die Kammer an diesem Tag bereits ein Urteil sprechen.


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