Islamunterricht an deutschen Schulen? Lehrerverband will Muslime so „vor Extremisten schützen“

                                              Geschichte von Marcus Giebel

                                                                                                         „Unter staatlicher Aufsicht“

Islamunterricht an deutschen Schulen? Lehrerverband will Muslime so „vor Extremisten schützen“

In deutschen Schulen soll künftig auch der Islam unterrichtet werden. Dafür plädiert der Lehrerverband. Extreme Kräfte sollen damit ausgebremst werden.

Osnabrück – Seit Jahren wird mit unterschiedlicher Vehemenz darüber diskutiert, inwiefern der Islam zu Deutschland gehört. In der Politik haben sich damit vor allem führende Köpfe der Union öffentlich befasst. Der damalige CDU-Bundespräsident Christian Wulff, dem der entsprechende Satz zugeschrieben wird. Aber auch Wolfgang Schäuble zu seiner Zeit als Innenminister, Angela Merkel als Bundeskanzlerin und für die kleine Schwester CSU der damalige Vorsitzende und Innenminister Horst Seehofer.

Die Fakten sehen wie folgt aus: Laut der Studie „Muslimisches Leben in Deutschland 2020“ des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge lebten im Jahr 2019 zwischen 5,3 und 5,6 Millionen muslimische Religionsangehörige in Deutschland. Das sind mehr als sechs Prozent der gesamten Bevölkerung.

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                                                      Schüler sitzen vor einer Tafel © IMAGO / Funke Foto Services

Islamunterricht in Deutschland? Lehrerverband erhofft sich Umsetzung „unter staatlicher Aufsicht“

Auch deshalb wird immer wieder darüber diskutiert, ob in deutschen Schulen auch Islamunterricht angeboten werden sollte. Stefan Düll setzt sich genau dafür ein. Im „Expertentalk“ der Neuen Osnabrücker Zeitung zum Thema Islamismus (Artikel hinter einer Bezahlschranke) forderte der Präsident des Deutschen Lehrerverbands (DL): „Wir müssen einen Islamunterricht unter staatlicher Aufsicht aufbauen.“

So könnte demnach auch möglichen islamistischen Tendenzen entgegengelenkt werden. Viele muslimische Eltern würden laut Düll den Wunsch äußern, „dass ihre Kinder eine islamische Unterweisung unter staatlicher Aufsicht, gerne auch an der Schule, erhalten. Vor der Qualität von außerschulischen Angeboten und den dort vermittelten Werten haben die Eltern häufig berechtigte Sorge.“

Ihnen gehe es darum, ihre Kinder „im Sinne eines aufgeklärten Islam zu erziehen und dabei professionelle Unterstützung, aber keine Unterweisung, die von anderen Staaten wie der Türkei oder dem Iran kontrolliert wird“, zu erfahren. Düll erhofft sich deshalb Angebote unter staatlicher Aufsicht im Sinne des Grundgesetzes.

Islamunterricht an deutschen Schulen? Lehrer müssten „überzeugte Demokraten“ sein

Laut dem Leiter eines bayerischen Gymnasiums trägt der Staat „die Verantwortung“ dafür, „alle demokratischen Muslime“ vor „den Extremisten zu schützen“. Deshalb müssten „überzeugte Demokraten“ als Islamlehrer:innen gewonnen werden.

Ein eigentlicher Religionsunterricht zum Islam sei jedoch nicht möglich, weil es hierfür keine Ansprechpartner wie bei der katholischen oder evangelischen Kirche gebe. Wichtig sei aber, in Deutschland lebende Muslime als „normalen Teil der Gesellschaft“ anzuerkennen.

Es dürfe auch nicht vergessen werden, dass Generationen von Einwanderern zum Wohlstand des Landes beigetragen hätten. „Unsere Gesellschaft hat da einen blinden Fleck“, moniert Düll. Zudem plädiert der DL-Chef für einen „Weg des gegenseitigen Kennenlernens“. Beispielhaft schwebt ihm die gemeinsame Feier von religiösen Festen in der Schule vor.

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                                                  Protestplakate gegen Islamismus © Bereitgestellt von FR

Religion in der Schule: Soziologin will Kinder nicht zu früh mit dem Thema überwältigen

Die Hamburger Publizistin und Soziologin Necla Kelek wiederum forderte in der Talkrunde, dass Kinder bis zum Alter von 14 Jahren in der Schule vor religiöser Überwältigung geschützt werden. Der in Istanbul geborenen 66-Jährigen zufolge müssten Kinder und Jugendliche in der Schule „Freiheit kennenlernen und Bildung erfahren“, es gehe darum, „ein individuelles Leben“ aufzubauen.

Sie hält auch religiös begründete Ausnahmen für falsch. Als Beispiele nannte sie den Verzicht auf Sport im Ramadan oder die Verweigerung, sich neben Kinder zu setzen, die Schweinefleisch essen. (mg)