Respektlosigkeit bringt sie aus der Ruhe: Dilek Baser ist im Vorstand des türkisch-islamischen Kulturvereins
Artikel von Susanne Kanngieser
Ziel der Frauen-Vorsitzenden ist Integration
Respektlosigkeit bringt sie aus der Ruhe: Dilek Baser ist im Vorstand des türkisch-islamischen Kulturvereins
Für Dilek Baser sind vor allem Verständigung und Offenheit der Schlüssel zur Integration. Aber auch der Respekt zwischen den Kulturen und Kinder spielen eine wichtige Rolle.
Bebra – Eigentlich ruht Dilek Baser in sich. Es gibt kaum etwas, das die 47-Jährige aus der Fassung bringen kann. Bei zwei Themen aber wird sie leidenschaftlich und sehr bestimmt: Wenn es um gegenseitigen Respekt zwischen unterschiedlichen Kulturen geht. Und wenn man Kinder und Jugendliche nicht ernst nimmt.
„Wir haben unsere Kultur. Und wenn wir die verlieren, dann verlieren wir uns und unseren Charakter“, sagt die Frau, die sich seit fünf Jahren als Vorsitzende der Frauen im Vorstand des türkisch-islamischen Kulturvereins Bebra verantwortlich zeichnet.
Platz für alle Religionen und Kulturen
Es müsse Platz sein für alle Religionen und Kulturen, damit ein friedvolles Miteinander stattfinden kann. In Bebra, betont sie, könnten der Verein und alle Menschen frei leben und sich entfalten.
Dilek Baser organisiert Veranstaltungen und unterstützt die Frauen, wenn sie Probleme oder Fragen zum Alltag in Deutschland haben. Nach dem türkischen Kulturfest Kermes, das die Gemeinde kürzlich auf dem Rathausplatz an drei Tagen feierte, hat sich Dilek Baser nicht nur bei den Frauen für ihr außerordentliches Engagement bedankt.
„Kinder sind unsere Zukunft“
Auch die Kinder und Jugendlichen bekamen einen Dankesbrief von ihr. „Sie haben eine große Leistung erbracht. Sie haben Speisen verkauft, sich mit den Besuchern unterhalten und viel erklärt. Sie waren so freundlich und aufgeschlossen. Und so etwas muss honoriert werden“, findet Dilek Baser und fügt hinzu: „Kinder sind unsere Zukunft. Darum müssen wir ihnen heute schon den Stellenwert geben, der ihnen gebührt.“
Aufgewachsen in Usak, einem kleinen Dorf in Westanatolien, wurde die kleine Dilek ohne Vater groß. Der lebte und arbeitete in München, um Geld für die Familie zu verdienen. Als sie 14 Jahre alt war, folgte ihm die Familie in die bayerische Landeshauptstadt. Für fünf Jahre.
Baser vermisste in der Türkei das pulsierende München
Nach ihrer Ausbildung zur Arzthelferin zog die Familie wieder in die Türkei und überließ ihr die Entscheidung mitzukommen. Mit 19 Jahren traute sich die junge Erwachsene das Leben allein in einer Großstadt nicht zu und landete wieder in dem türkischen Dorf.
„Das war eine Katastrophe für mich. Ich bin nach der pulsierenden Großstadt wieder da angekommen, wo ich nicht hinwollte“, erzählt sie. Das war nicht der Sechser im Lotto. Aber dann kam Ruhi, den in Bebra alle Rudi nennen.
Ein Türke, der auf einem Video eines Cousins Dilek entdeckte und sich sofort verliebte. Er kam mit seiner ganzen Familie in die Türkei, um sie kennenzulernen. Etwas schüchtern stand er vor ihr. Als letzter in der Reihe begrüßte ihn die junge Frau. Und sie wusste von der ersten Sekunde: Das ist er, der Mann fürs Leben.
Nach einer türkischen Hochzeit mit 1000 Gästen war Bebra fortan ihr Lebensmittelpunkt, um mit Rudi eine Zukunft zu bauen. Die Zwillinge Evi Wassermann, Lotti Lantos und ihre Ehemänner Günther und Rudolf waren für Rudi schon immer und für Dilek jetzt auch deutsche „Eltern im Herzen“, sie kümmerten sich um Dilek und zeigten ihr Wege aus der Isolation.
Sie machte ihr Hobby zum Beruf
Als Nachwuchs bei Ehepaar Baser kam, wurde der Enkel-Tag eingeführt. Die Ehepaare haben Ausflüge unternommen und sich immer ganz besondere Highlights für das Mädchen Tima und den Jungen Mustafa ausgedacht.
Dilek Baser ist dank ihrer „Eltern im Herzen“ und vielen anderen Menschen schnell in Bebra
angekommen. Sie hat elf Jahre in der Betreuung mit Grundschulkindern und davor sechs Jahre in einer Rotenburger HNO-Praxis gearbeitet. Heute, nach 25 Jahren, ist sie dankbar für diese Zeit. Und sie hat ihr Hobby zum Beruf gemacht.
In „Dileks Hobbywelt“ verkaufen sie und ihre Familie übers Internet personalisierte Geschenke und produzieren unzählige Artikel selbst. Frauen gibt es übrigens schon seit 15 Jahren im Vorstand des türkisch-islamischen Kulturvereins Bebra.
Wichtig ist für Dilek Baser, dass sich die türkischen Frauen hier in Bebra verständigen können und offen und bereit sind für Begegnungen mit deutschen Bürgerinnen und Bürgern. „Das ist der Schlüssel zur Integration“, sagt sie. (Susanne Kanngieser)