Gesellschaft

Fast 900 antimuslimische Vorfälle in Deutschland erfasst


Der Halbmond ist gemeinhin das Symbol des Islam. Hier ist er auf dem Minarett der Abubakr-Moschee in Frankfurt zu sehen. Foto: Boris Roessler/dpa

Die Allianz gegen Islam- und Muslimfeindlichkeit verzeichnete 898 antimuslimische Vorfälle im Jahr 2022. Die Dunkelziffer dürfte hoch sein, besonders betroffen sind Frauen.

Pöbeleien, Drohungen, Angriffe: 898 antimuslimische Vorfälle hat die Allianz gegen Islam- und Muslimfeindlichkeit im vergangenen Jahr erfasst. Zu vermuten sei aber eine hohe Dunkelziffer, hieß es im erstmals erstellten Lagebild der Allianz Claim, die vom Bundesfamilienministerium gefördert wird. Rassismus ist laut dem am Montag vorgestellten Papier für die Betroffenen alltagsprägend. Viele erfasste Fälle beträfen Frauen.

Unter den dokumentierten Fällen waren 500 verbale Attacken – etwa volksverhetzende Äußerungen, Beleidigungen, Bedrohungen und Nötigungen. Bekannt wurden elf Drohbriefe an Moscheen mit „oft exzessiven Gewalt- und Morddrohungen“, wie es weiter hieß. Dabei seien Verschränkungen mit dem Antisemitismus erkennbar. Briefe hätten Nazi-Symbole oder Verweise auf die NS-Zeit enthalten.

Schwangere in den Bauch getreten oder geschlagen

Daneben nennt das Lagebild 190 Fälle von Diskriminierung und 167 Fälle von „verletzendem Verhalten“. In letztere Kategorie fallen 71 Körperverletzungen, 44 Sachbeschädigungen, drei Brandstiftungen und 49 weitere Gewalttaten. Rassistisch motivierte Angriffe auf Jugendliche und Kinder nähmen zu. Es gebe Fälle, in denen Frauen in Gegenwart ihrer Kinder attackiert worden seien. Schwangere Frauen seien in den Bauch getreten oder geschlagen worden.

Von einer hohen Dunkelziffer gehen die Autoren aus, weil eine breite Erfassung fehle. In das erste Lagebild flossen demnach Daten von zehn Beratungsstellen in fünf Bundesländern ein sowie Meldungen über das Portal „I-Report“, die Statistik für politisch motivierte Gewalt und Polizei- und Pressemeldungen.

Mangelndes Vertrauen in die Behörden

Antimuslimische Straftaten würden oft nicht als solche erkannt, hieß es weiter. Oder Betroffene zeigten sie mangels Vertrauen in die Behörden nicht an. Deshalb fordert Claim unter anderem den Ausbau der Meldestrukturen und Sensibilisierung für das Thema in Behörden, Schulen und Gesundheitswesen.

dpa/dtj