Rassismus gegen Weiße gibt es nicht“: Organisation HateAid sorgt für Aufsehen

                                                            Artikel von Paul Hoffmann
 
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                                                 Welche Bevölkerungsgruppen sind Rassismus ausgesetzt – und welche nicht? © PantherMedia/imago
 

Werden weiße Menschen aufgrund ihrer Hautfarbe schlecht behandelt oder gar benachteiligt, ist das „kein Rassismus“. Diese Erklärung lieferte jüngst die Organisation HateAid auf der Plattform X und sorgte damit für Aufsehen. Doch wie kommt die Organisation, die sich nach eigener Aussage für die Stärkung von Menschenrechten und Demokratie im Netz einsetzt und vom Bund in diesem Jahr mit 600.000 Euro gefördert wird, auf so eine Behauptung?

HateAid greift in seiner Begründung auf eine Definition zurück, nach der Rassismus mehr ist als bloße Diskriminierung. Er sei in Wahrheit eine „Ideologie der Ungleichheit, die über Jahrhunderte durch Sklaverei, Kolonialismus oder die ‚Rassenlehre‘ des Dritten Reiches gewachsen ist“, um Gewalt gegen Schwarze, Farbige oder Indigene „zu rechtfertigen“. Da Weiße dies alles nie erfahren hätten und dazu auch gesellschaftlich privilegiert seien, könne es keinen Rassismus gegen sie geben.

Das leuchtet auf den ersten Blick ein, wirkt aber beim genaueren Hinsehen ausgrenzend – fast so, als müsste man sich durch eine passende Leidensgeschichte dafür qualifizieren, Rassismus gegen sich empfinden zu dürfen. Wie sehen das andere Institutionen? Stimmen sie mit der Erklärung von HateAid überein?

Ganz grundlegend wird Rassismus als eine Art der Diskriminierung definiert, durch die Menschen beispielsweise „wegen ihrer Herkunft, ihrer Hautfarbe, ihrer Haare, ihres Namens oder ihrer Sprache diskriminiert, ausgegrenzt und abgewertet“ werden. So schreibt es die Bundeszentrale für politische Bildung (bpb).

Auch zum Thema „weiß“ liefert die bpb eine Definition. Sie erklärt, dass Weiße Menschen seien, „die keine eigenen Erfahrungen mit Rassismus haben“. Bei ihnen rede „man meistens gar nicht darüber, dass sie weiß sind. Ihre Hautfarbe, ihre Herkunft und ihre Sicht auf die Welt werden schnell als selbstverständlich angesehen. Und sie werden nicht wegen ihrer Hautfarbe oder Herkunft diskriminiert“.

Gibt es Rassismus gegen Weiße also wirklich nicht? Ja und nein. „Auch Menschen mit weißer Hautfarbe können rassistisch diskriminiert werden – etwa wegen ihrer Religion, ihrer vermeintlichen Herkunft oder auch wegen eines Akzents“, erklärt das WDR-Wissenschaftsmagazin „Quarks“.

Vielmehr sei die Definition des Wortes entscheidend: „Von vielen Rassismusforschern wird ‚weiß‘ als mehr als nur eine Hautfarbe gelesen. Der Begriff ‚weiß‘ meint (aber) nicht alle Menschen mit heller Haut. Er umschreibt eine soziale Kategorie.“

Eine soziale Kategorie? „Weißsein kann unter anderem damit übersetzt werden, dass Menschen unhinterfragbar als gleichwertige Menschen anerkannt werden, ohne sich rechtfertigen oder ihre Daseinsberechtigung unter Beweis stellen zu müssen“, sagt der Sozialwissenschaftler Karim Fereidooni dem WDR.

Doch zurück zu HateAid. Die Organisation schränkt unter ihrem Post selber ein, dass man mit „weiß“ nicht alle Menschen mit heller Hautfarbe meine. Lediglich die in einer gesellschaftlich privilegierten Position. Es gebe ja zum Beispiel auch „antislawischen Rassismus gegen Menschen mit osteuropäischem Hintergrund“.

Warum die Macher das aber nicht gleich im Video klarmachen? Das bleibt offen.