Cumali Yagmur
Die türkischen und kurdischen Organisationen sollen nur friedlichen auf der Straße gehen
Die türkischen und kurdischen Organisationen in Europa sollten wegen der Verletzung der Menschenrechte und der Verhaftungen von Oppositionellen und Journalisten durch den türkischen Staat auf die Straßen gehen und friedlich protestieren dürfen. Die verfassungsrechtlichen Rechte auf die Meinungs- und Demonstrationsfreiheit erlauben das auf jeden Fall und diese Rechte gelten für den Bürger der hier lebenden Einwanderer Innen und einheimischen Bürger. Wann, durch wen oder ob diese Rechte ausgeübt werden dürfen, darüber darf auch nicht einmal der türkische Staat entscheiden.
Die Demonstrierenden dürfen bei der Kundgebung ihrer Meinungsfreiheit natürlich nicht die Sicherheitskräfte angreifen oder mit Steinen bewerfen. Von den Sicherheitskräften ist zu fordern, dass sie die friedlich Demonstrierenden nicht an ihren Kundgebungen hindern.
Aufgabe der Demonstrierenden sollte sein, die demokratischen Parteien und Politiker in Deutschland auf die Menschenrechtsverletzungen in der Türkei hinzuweisen, sie dafür zu sensibilisieren und sie zur offenen und mutigen Ansprache der türkischen Regierenden vorzunehmen bzw. zu appellieren. Sie sollten fordern, dass Deutschland auf die regierende AKP-Regierung in der Türkei Druck ausübt. Dass Deutschland mit der Türkei einen Flüchtlingspakt geschlossen hat, sollte die Kritik an der türkischen Regierung nicht verhindern.
Die Demonstrationen müssen friedlich ablaufen. Nur so können die Öffentlichkeit und die politisch Verantwortlichen für die Geschehnisse in der Türkei sensibilisiert werden. Die verhafteten Journalisten und die politisch anders Denkenden können wir nur auf diese Art und Weise von hier aus unterstützen. Wir leben 3000 km weit weg von der Türkei. Den dort erforderlichen politischen Kampf können wir nicht eins zu eins hierher übertragen und zu Gewaltmitteln greifen. Die Gesellschafts-, Politik- und Lebensform hier in Deutschland sind völlig anders. An diese Formen müssen wir uns anpassen.
Sonst würde man auf der einen Seite in der Türkei demokratische Rechte verlangen und hier durch Gewaltanwendung bei den Demos selbst die Menschenrechte mit den Füßen treten.
Mit den Demonstrationen und Veranstaltungen müssen wir die deutschen zivilen Organisationen, Gewerkschaften, Politiker und Kirchen auf die Menschenrechtsverletzungen, ungerechtfertigten Verhaftungen von Journalisten, Oppositionellen und Andersdenkenden erreichen. Das geht aber nur auf friedliche Art und Weise.
Auf Veranstaltungen sollten die Geschehnisse gemeinsam diskutiert werden und es sollten Lösungsmöglichkeiten zum Erreichen der politisch Verantwortlichen in der Türkei erarbeitet werden.
Bei unseren Demonstrationen und Veranstaltungen dürfen wir nicht vergessen, dass wir hier in Deutschland keine sog. „Gastarbeiter“ mehr sind, sondern ein Teil dieser Gesellschaft sind. Uns muss dabei auch immer bewusst sein, dass wir hier auch Aufgaben haben. Wir haben die Aufgabe uns zu integrieren, daran zu arbeiten, ein Teil dieser Gesellschaft zu werden, das soziale, politische und gesellschaftliche Leben hier vor Ort mitzugestalten und für uns Minderheitenrechte durchsetzen. Wenn wir aber nur für und mit den politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen in der Türkei uns beschäftigen, werden wir hier keinen Anschluss finden. In der Türkei werden wir auch keinen Anschluss finden. Denn, die Gesellschaft in der Türkei entwickelt sich auch kontinuierlich, egal unter welcher politischen Regierung sie steht. Da werden wir auch nicht mehr ein vollständiges Teil der dortigen Gesellschaft sein. Wenn wir das alles nicht beachten, werden wir für unsere Zukunft und für unsere zukünftigen Generationen große unüberwindbare oder nur noch schwer überwindbare Fehler begehen. Das wollen wir nicht. Wir wollen hier ein Teil der Gesellschaft sein und über unser hier stattfindendes Leben mitentscheiden, und zwar mit friedlichen demokratischen Mitteln.