Cumali Yagmur

Politische Identitätskrise der türkischen konservativen Organisationen und Verbände

Am 18.09 2016 fanden in Berlin die Landtags- und Kommunalwahlen statt.

Für die Kommunalwahlen haben sich u. a. auch türkisch stämmige Kandidaten aufgestellt. In den Stadtteilen Neuköln und Kreuzberg leben viele türkische und marokkanische Mitbürger, die entscheidend für die Aufstellung der Kandidaten in diesen Stadtteilen sein können. Die türkischen Organisationen und Verbände wie die AKP-nahen UETD (Union Demokratischer Türken in Europa), DITIB, TGB (Türkeische Gemeinde Milli Görüs) und TUMSIAD haben eigene Kandidaten aufgestellt. Diese Kandidaten haben sehr wenige Stimmen bekommen. Die Organisationen und Verbände sind über die Ergebnisse der Kommunalwahl daher sehr enttäuscht.

Man darf über die Ergebnisse sich aber nicht wundern. Sie haben durchweg die AKP-Regierung in der Türkei unterstützt, anstatt sich hier in Deutschland der Einwanderungsproblematik zu widmen. Sie sind mit türkischen Fahnen für die Unterstützung des türkischen Präsidenten auf die Straßen in Deutschland gegangen, nicht für die Lösung der Einwanderungsproblematik hier in Deutschland, von der sie unmittelbar betroffen sind. Das ist schwer nachzuvollziehen.

Die Kandidaten waren:

- Pınar İskender Çetin mit 322 Stimmen
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Betül Bayrak mit 260 Stimmen
- Ali Şen mit 358 Stimmen
- Ilk
in Özışık mit 310 Stimmen
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Fatih Tanrıverdi mit 151 Stimmen.

Nach den Wahlen haben die türkischen Organisationen und Verbände auf die EinwandererInnen losgeschimpft, weil diese angeblich ihre Stimmen nicht den türkisch stämmigen Kandidaten gegeben haben.

Diese Organisationen und Verbände denken überhaupt nicht darüber nach, dass sie in Deutschland leben, dass die politischen Verhältnisse hier für sie entscheidend sind und dass hier völlig andere zivilgesesellschaftliche Verhältnisse herrschen. Dass das Betreiben einer AKP-Politik sie hier in Deutschland nicht weiterbringt, wollen oder dürfen sie nicht wahrnehmen. Dafür spricht auch, dass sie bei den letzten und vorletzten Parlamentswahlen im letzten Jahr die Wähler für die AKP in der Türkei mobilisiert haben.

Sie registrieren nicht, dass die AKP-Regierung in der Türkei die Gesellschaft spaltet und dass sie diese Spaltung auch in Europa fortzusetzten versucht, in dem sie z. B. die türkischen Bürger zu Denunziationen von Andersdenkenen oder Regimekritikern auffordert oder zu Boykott von Geschäften der Anhänger

anderer Organisationen oder Oppositionsparteien aufruft etc. Dabei sind ihnen nationalistische, rassistische und antisemitische Mittel und Argumente Recht, mit denen sie die Gesellschaft zu spalten und ihre Machtverhältnisse in der Türkei zu verfestigen versuchen. Ihre Verhaltensweisen sind mit den demokratischen Grundsätzen der BRD und mit den verfassungsrechtlich garantierten Menschenrechten überhaupt nicht vereinbar. Dennoch lässt man sie hier unbehelligt aktiv werden. Es ist sogar denkbar, dass es bald in der BRD eine „türkische AfD“ gibt, die von den nationalistischen Türken gewählt wird.

Es kann gar nicht oft genug gefordert werden, dass diese türkischen Organisationen und Verbände sich von der türkischen Politik distanzieren und ihre Wirkungskreise hier in der BRD finden sollen, weil ihr Lebensmittelpunkt sich hier abspielt und sie hier zum Gesellschaftsleben mitbeitragen müssen. Denn die Lösung liegt nicht nur allein in der Integration der EinwandererInnen in Deutschland, sondern auch am Mitwirken in der hiesigen Gesellschaft mit den gleichen Rechten und Pflichten wie für alle Bürger. Von allen Seiten ist ein Zusammenwirken zur Lösung der Einwanderungsproblematik nötig.