Cumali Yagmur
Erlernen der Muttersprache
Das Erlernen der Muttersprache beginnt entweder schon in der pränatalen Phase oder gleich nach der Geburt. Zunächst kommt es zum Erstsprachenerwerb, für den das Kind keine besonderen Hilfestellungen benötigt. Wichtig ist nur, dass jemand mit dem Kind spricht und es Menschen beim Sprechen hören kann. Anderenfalls kommt es zu einer Störung des natürlichen Spracherwerbs.
Bis zum Volksschulalter ist der Erwerb der Kerngrammatik abgeschlossen. Allerdings haben Kinder, wenn sie in die Schule eintreten, ihre Muttersprache noch nicht vollständig erworben. Wesentliche Teile der Sprache wie Wortschatz, Grammatik und Rechtschreibung werden im schulischen Rahmen vollständig bzw. überhaupt erst erlernt. Somit ist es von großer Wichtigkeit, den Erwerb der Muttersprache mit dem Schuleintritt fortzusetzen, um deren vollständigen Erwerb sicherzustellen. Außerdem kommt es durch das Erlernen der Muttersprache in der Schule auch zur Entwicklung kognitiver Fähigkeiten, die es einem ermöglichen, sicher mit abstrakten Begriffen umgehen zu können, und ohne die eine komplexere Anwendung der Sprache nicht möglich ist. Hinzu kommt, dass laut Untersuchungen durch den Erwerb der Muttersprache nicht nur die Sprache an sich (z.B. Türkisch oder Kurdisch) erlernt wird, sondern auch allgemein eine Sprache als solche.
Daher ist es angebracht bzw. nötig, LehrerInnen zu haben, die die Muttersprache auch lehren. In Deutschland müssen daher auch LehrerInnen ausgebildet werden, die die Schüler in ihren Muttersprachen auch lehren können.
Die türkische Regierung schickt zurzeit LehrerInnen aus der Türkei, die hier in Deutschland in der türkischen Muttersprache unterrichten. Diese LehrerInnen dürfen fünf Jahre in Deutschland lehren und müssen dann in die Türkei zurückkehren, d. h. sie bekommen einen Lehrauftrag nur für 5 Jahre. Sie können kaum deutsch, haben keine Kenntnisse über das deutsche Schulsystem und können den Kindern daher keine Kenntnisse entsprechend der Anforderung für eine bestimmte Schulart vermitteln.
Wenn die türkisch-stämmigen LehrerInnen zweisprachig aufgewachsen sind, so könnte ihr Lehrauftrag erfolgreich ablaufen.
Wenn die LehrerInnen vom deutschen Kulturministerium als muttersprachliche LehrerInnen eingestellt werden würden, könnte die türkische Regierung sie nicht mehr kontrollieren. Im Grunde genommen gibt es nichts zu kontrollieren. Eigentlich haben sie einen Unterrichtstoff, den sie an die SchülerInnen zu vermitteln haben.
Die türkische Regierung aber möchte weiterhin über die Lehrkräfte politischen Einfluss ausüben. Für die türkischen und kurdischen Kinder sollten keine nationalistischen und politischen Einflussnahmen zugelassen werden.
Wenn die LehrerInnen von den deutschen Kultusministerien eingestellt werden, herrscht der Gedanke, dass sie nicht gut Türkisch können. Das Problem kann dadurch gelöst werden, dass man die angehenden Lehrkräfte in die Türkei schickt und einen Teil ihrer Ausbildung dort ihnen zukommen lässt. Nur so könnten sie auch Einblick in das türkische Schulsystem bekommen und ihrer Erkenntnisse hier bei der Unterrichtung der SchülerInnen einsetzen.
Der muttersprachliche Unterricht, wir betonen noch einmal, wichtig und richtig. Wenn die Kinder mit Migrationshintergrund zweisprachig unterrichtet und aus gebildet werden, so könnten sie auch in ihrer Heimat Arbeit finden und hätten dort dann keine Integrationsprobleme im Falle der Rückkehr in die Heimat.
Die Kinder lernen hier an Pflichtfremdsprachen Englisch, Französisch oder eine andere romanische Sprache. Da die Welt fanz klein geworden ist, kommen sie damit auch weiter. Das ist wichtig und begrüßungswert. Mit der Muttersprache aber würden die Kinder noch weiter voran kommen.
In der Stadt Frankfurt ist in dieser Richtung ein Schritt gemacht worden. Die Arbeiterwohlfahrt hat einen zweisprachlichen Kindergaten eröffnet. Er läuft sehr erfolgreich, ist sehr gut bei Eltern angekommen und stellt noch ein Modellprojekt dar.
In den Schulen sollte auch eine zweisprachige Unterrichtung möglich sein. Das kann für die hiesige multikulturelle und deutsche Gesellschaft nur ein Gewinn bedeuten. Dann gibt es keine Kinder, die von beiden Sprachen nur 50 % mit auf den Weg bekommen und damit später im Schul- aber auch im Berufsleben scheitern oder nur schlecht vorankommen.