Berlin / Dortmund, 22.05.2025
Stellungnahme des Bundesverbands für Türkisch und Mehrsprachige Bildung
(BTMB) und der Föderation Türkischer Elternvereine in Deutschland (FÖTED)
„Die Zukunft der türkischen Sprache im Bildungssystem hängt von der
Entschlossenheit ab, die wir heute zeigen!“
In letzter Zeit wird zunehmend versucht, Türkischunterricht in Form von Kursen am
Wochenende oder in den Abendstunden über Konsulate der Republik Türkei in Deutschland
sowie über Institutionen wie DİTİB und das Yunus Emre Institut anzubieten. Was auf den
ersten Blick positiv erscheint, stellt eine ernsthafte Beeinträchtigung der über fünfzig Jahre
andauernden Auseinandersetzung dar, Türkischunterricht als muttersprachlichen/
herkunftssprachlichen Unterricht in das Schulsystem zu integrieren. Denn solche
Kursangebote werden zunehmend als Alternativen zu den offiziellen muttersprachlichen
Angeboten an staatlichen Schulen präsentiert – und damit wird die Integration des
Türkischen in das Schulsystem geschwächt. In der Folge wird Türkischunterricht in vielen
Bundesländern entweder aus dem Curriculum gestrichen oder aufgrund angeblich
unzureichender Schülerzahlen nicht angeboten.
Als türkische Community haben wir es durch jahrelangen intensiven Einsatz geschafft, in
einigen Bundesländern Türkisch als Herkunftssprache, zweite oder dritte Fremdsprache in
das deutsche Schulsystem einzuführen. Dies ist ein bedeutender Erfolg, der bewahrt und
ausgebaut werden muss.
Türkischunterricht wird in einigen Bundesländern sowohl durch Lehrkräfte der
Bildungsministerien als auch im Rahmen bilateraler Abkommen mit der Republik Türkei im
schulischen Kontext angeboten. In diesen Bundesländern ist vorgesehen, dass „zur
Wahrung und Stärkung der kulturellen Bindungen unserer Bürgerinnen und Bürger im
Ausland sowie unserer Landsleute“, künftig auch ortsansässig angestellte Lehrkräfte
eingesetzt werden. Gleichzeitig beobachten wir, dass Unterricht durch Lehrkräfte aus der
Türkei zunehmend außerhalb der Schule angeboten wird. Diese Entwicklung betrachten wir
mit Skepsis. Trotz bestehender Kritik und Mängel halten wir es für richtig, dass dieser
Unterricht innerhalb des Schulsystems stattfindet.
BTMB und FÖTED nehmen zu den oben genannten Entwicklungen wie folgt Stellung:
- Der Unterricht in den Schulen ist Teil des offiziellen Bildungssystems, wird von
pädagogisch qualifizierten Lehrkräften erteilt, ist für alle zugänglich und unterliegt der
staatlichen Kontrolle. Kurse in Moscheen und Vereinen beruhen hingegen auf
Freiwilligkeit und werden nicht als gleichwertig mit formaler Bildung betrachtet. Dies
schwächt die Anerkennung und den Wert des Türkischen als offizielles Schulfach.
Die Verlagerung des Türkischunterrichts in Moscheen und Vereine verstärkt in der
Gesellschaft die Wahrnehmung, dass Türkisch kein Bestandteil des Bildungssystems
ist, sondern nur für bestimmte religiöse oder ethnische Gruppen angeboten wird. Dies
reduziert Türkisch hingegen – wenn auch unbeabsichtigt – auf eine religiöse bzw.
ethnische Gruppensprache. Das fördert bestehende Vorurteile und macht Türkisch
anfällig für politischen Druck.
- In der Schule werden Lehrpläne, Lehrkräftequalifikationen sowie Standards für
Bewertung und Leistungsüberprüfung vom Staat festgelegt und kontrolliert. In
Moscheen und Vereinen können diese Standards nicht gewährleistet werden;
Qualität und Inhalte des Unterrichts variieren je nach Person und Institution. Dies
birgt die Gefahr, die Ernsthaftigkeit und das akademische Niveau des
Sprachunterrichts zu untergraben.
- Die Verankerung des Türkischen im deutschen Bildungssystem als offizielles,
benotetes Fach unter dem Dach der Schule ist ein wesentlicher Bestandteil zur
Wahrung der Muttersprache unserer Kinder sowie ihrer Bildungsrechte.
Die Vorschläge von BTMB und FÖTED zum Thema sind wie folgt:
- Langfristig muss der Türkischunterricht als reguläres Fach mit Noten und
Zeugnisvermerk ein Bestandteil des deutschen Bildungssystems sein. Eine
konsequente Umsetzung dieses Prinzips in allen Bundesländern ist von großer
Bedeutung für die Zukunft der türkischen Sprache.
- Unsere Erwartung an die Institutionen der Republik Türkei ist es, den von den
Kultusministerien der Länder kontrollierten Türkischunterricht zu unterstützen und
weiterzuentwickeln. In Bundesländern, in denen der Unterricht durch die Lehrkräfte
des Türkischen Bildungsministeriums erteilt wird, sollen Konsulate und
Bildungsattachés mit den zuständigen Landesbildungsministerien in Kontakt treten,
um den Unterricht aus dem außerschulischen Bereich herauszuholen und in das
schulische System zu integrieren – hierfür sind entsprechende Absprachen mit den
deutschen Bildungsinstitutionen notwendig.
- Wir rufen alle Institutionen und Verantwortlichen auf, in dieser Frage gemeinsam
entschlossen zu handeln und dieses mit jahrelanger Arbeit errungene Recht
gemeinsam zu verteidigen.
„Die Zukunft der türkischen Sprache im Bildungssystem hängt von der Entschlossenheit ab,
die wir heute zeigen!“
Bundesverband für Türkisch und
Mehrsprachige Bildung (BTMB)
Föderation Türkischer Elternvereine in
Deutschland (FÖTED)