Frankfurter Buchmesse: Offener Brief fordert mehr Raum für palästinensische Stimmen

Artikel von Xaver von Cranach -Der Spiegel

 

 

ehr als 600 Unterzeichnende, darunter drei mit dem Nobelpreis geehrte: Autoren und Autorinnen kritisieren, dass die Palästinenserin Adania Shibli nicht auf der Buchmesse ausgezeichnet werden soll.

 

Frankfurter Buchmesse: Offener Brief fordert mehr Raum für palästinensische Stimmen

Frankfurter Buchmesse: Offener Brief fordert mehr Raum für palästinensische Stimmen © Alamy Stock Photos / Marco Destefanis / mauritius images

 

In einem offenen Brief fordern über 600 Schriftsteller, Autoren und Menschen aus der Literaturbranche die Frankfurter Buchmesse dazu auf, palästinensischen Stimmen mehr Platz zu geben.

Hintergrund ist die Verschiebung eines Literaturpreises, den die palästinensische Autorin Adania Shibli für ihren Roman »Eine Nebensache« erhalten sollte. Wie der Verein Litprom bekannt gab, werde man der Autorin den Preis zwar verleihen, aber zu einem späteren Zeitpunkt und nicht auf der Messe.

Gegen dieses Statement nun richtet sich der offene Brief, den namhafte Autoren und Autorinnen wie die drei Nobelpreisträger Abdulrazak Gurnah, Annie Ernaux und Olga Tokarczuk unterschrieben haben. Weitere prominente Namen sind Ian McEwan, Judith Butler und Eva Menasse.

Im offenen Brief heißt es unter anderem, dass die Entscheidung, die Verleihung zu verschieben, anders als von Litprom zunächst behauptet, nicht im Einvernehmen mit der Autorin getroffen wurde. Sondern, dass Adania Shibli sehr wohl gern zur Preisverleihung erschienen wäre, um die Gelegenheit zu nutzen, »um über die Rolle von Literatur in dieser entsetzlichen und schmerzhaften Zeit zu reflektieren.«

Zitiert wird Shiblis englischer Verleger, Jacques Testard vom Fitzcarraldo-Verlag: »Einer der Zwecke von Literatur ist es, Verständigung und Dialog zwischen den Kulturen anzuregen. In einer Zeit solch entsetzlicher Gewalt und grauenvollen Leids hat die weltgrößte Buchmesse die Pflicht, für literarische Stimmen aus Palästina und Israel einzutreten«.

Zuvor hatte Buchmesse-Direktor Juergen Boos bekräftigt, man wolle angesichts der Geschehnisse in Israel »jüdische und israelische Stimmen auf der Buchmesse nun besonders sichtbar machen«. Zum Beispiel werde die in Tel Aviv und Berlin lebende Autorin und Friedensaktivistin Lizzie Doron bei der Literaturgala am Samstag auf das aktuelle Geschehen in Israel Bezug nehmen.

In dem Brief heißt es nun: »Die Frankfurter Buchmesse hat als bedeutende internationale Buchmesse die Verantwortung, Raum für palästinensische Schriftsteller*innen zu schaffen, in dem diese ihre Gedanken, Gefühle und Reflexionen zur Rolle von Literatur in diesen schrecklichen Zeiten mitteilen können – nicht, sie zum Schweigen zu bringen.«