Türkische Nationalisten: Unter Wölfen
Als der türkische Präsident jüngst bei seinem Deutschlandbesuch in Berlin und Köln unterwegs war, machten viele seiner am Straßenrand wartenden Fans ein seltsames Handzeichen. Zwei Finger ihrer Hand spreizten sie als Ohren ab, die anderen drei formten eine Schnauze. Sie gaben damit zu erkennen, dass sie türkische Ultranationalisten sind, ihr Handzeichen ist das Symbol des Grauen Wolfs (Bozkurt). Es ist in der Türkei unter den Anhängern Recep Tayyip Erdoğans beliebt, in Deutschland aber ist es hoch umstritten, sein Verbot wird diskutiert.
Bundespolitiker wie Christoph de Vries (CDU) sind deshalb alarmiert und fordern, das Handzeichen verbieten zu lassen – so wie es auch beim sogenannten Hitlergruß getan wurde. "Es ist das Symbol einer faschistischen und rassistischen Organisation, die das Türkentum im Zentrum sieht. Andere Gruppen werden nicht akzeptiert. Das aber ist mit unserer Gesellschaft nicht zu vereinen", sagt der Unionspolitiker.
Kemalismus bis Islamismus
De Vries ist Mitglied im Innenausschuss des Bundestags, der sich unter anderem mit innerer Sicherheit, politischem Extremismus und Terrorismus beschäftigt. "Ich empfinde sie als eine Bedrohung. Sie erschweren das Leben liberaler Deutschtürken und stacheln die Gesellschaft auf", sagt er. Anhänger der Grauen Wölfe würden in Deutschland Integrationsbemühungen im Weg stehen.
Das bekannteste Erkennungszeichen ist der Graue Wolf und der daraus abgeleitete Wolfsgruß. Anhänger der Ülkücü-Bewegung werden deshalb eigentlich nur umgangssprachlich als Graue Wölfe bezeichnet. Die Bewegung hat eine lange und brutale Geschichte: In der Vergangenheit wurden Mitgliedern und Sympathisanten in der Türkei politische Morde vorgeworfen.
Vertreten werden die Grauen Wölfe in Deutschland vor allem durch den Verein Föderation der Türkisch-Demokratischen Idealistenvereine in Deutschland (Adütdf) und seinen zahlreichen Untergruppen. Der Dachverband ist auch die Auslandsvertretung der rechtsnationalistischen türkischen Partei MHP, der viertstärksten Kraft im türkischen Parlament. In Deutschland gehen die Behörden von etwa 170 lokalen Adütdf-Vereinen und 7.000 Mitgliedern aus. Die gesamte Anhängerschaft der Ülkücü-Bewegung wird auf 11.000 Personen geschätzt – bis 2015 waren es noch 10.000.