Warum die Kurden die Wahlen in der Türkei entscheiden könnten


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Kurden schwenken die Flagge der Region Kurdistan. Foto: Levi Meir Clancy / Unsplash

Bei den türkischen Wahlen stehen auch die Kurden im Fokus. Stimmen sie für Erdoğans Herausforderer Kemal Kılıçdaroğlu? Oder erinnern sie sich an ein dunkles Kapitel des Oppositionskandidaten? Das könnte die Wahlen entscheiden. 

Was haben ein 21-Jähriger Bremer, auf den am Wochenende drei Männer mit Plastikkisten einschlugen, und hunderte Verhaftete in der Türkei gemeinsam? Sie – oder ihre Vorfahren – wurden zufällig an einem besonderen Ort geboren: Kurdistan. Zumindest wurde diese Region im Osmanischen Reich offiziell so bezeichnet. Und das kann in der Türkei eine Bürde sein.

Mal wird ihnen pauschal eine Nähe zur kurdischen Terrororganisation PKK vorgeworfen, mal werden Kurden angefeindet, weil sie in ihrer Sprache miteinander sprechen. Und weil  Präsident Recep Tayyip Erdoğan (AKP) sie in der Vergangenheit immer wieder in öffentlichen Reden diffamierte, wird ihnen eine feindselige Distanz zum türkischen Staat unterstellt.

„Jeden Tag werden Kurden wie Terroristen behandelt“

Das macht sie für die türkische Regierung per se verdächtig, aber auch gefährlich – besonders am 14. Mai. Denn am Tag der Parlaments- und Präsidentschaftswahlen könnten sie das Zünglein an der Waage sein. Schließlich haben bis zu 20 Prozent der Menschen in der Türkei kurdische Wurzeln.

Der Oppositionskandidat Kemal Kılıçdaroğlu (CHP) erkennt gar ein Muster: „Immer wenn Erdoğan erkennt, dass er die Wahlen verlieren könnte, brandmarkt er die Kurden und behandelt sie wie Terroristen. Das ist wirklich beschämend. Jeden Tag werden Millionen Kurden wie Terroristen behandelt – und es hört nicht auf!“

Prokurdische HDP unterstützt Kılıçdaroğlu

Kılıçdaroğlu inszeniert sich damit als Verteidiger der Kurden. Er weiß natürlich um die Macht der größten Minderheit des Landes bei den anstehenden Wahlen und buhlt damit um ihre Stimmen. Allerdings unterstützte die CHP noch unter seinem Vorgänger Deniz Baykal den Einsatz des Militärs in kurdischen Gebieten.

Hinzu kommt: Einige Parteien seines breiten Bündnisses – Stichwort Sechser-Tisch – stellten sich in der Vergangenheit aktiv gegen die Einführung fundamentaler Rechte der Minderheit. Dennoch unterstützt die von pro-kurdische HDP die CHP von Kılıçdaroğlu. Bei den Wahlen stellte sie deswegen keinen eigenen Präsidentschaftskandidaten auf.

Ist Kılıçdaroğlu für die Kurden das geringere Übel?

Erdoğan, der vor den Wahlen von „meinen kurdischen Bürgern, meinen kurdischen Brüdern und Schwestern“ spricht, verliert indes massiv an Rückhalt bei den Kurden. Ein Beispiel: In den kurdisch geprägten Gebieten im Südosten der Türkei bekam die AKP 2018 noch 21,5 Prozent der Stimmen. Aktuell steht sie laut Umfragen bei sieben Prozent.

Ist Kılıçdaroğlu für die Kurden das geringere Übel? Das Meinungsforschungsinstitut Rawest ist anderer Meinung. Bei der „Deutschen Welle“ erläutert der Direktor des Instituts, Roj Girasun: „Für die kurdischen Wähler ist er wählbar, sie fühlen sich von seiner Politik angesprochen.“

Aus den Umfragen schlussfolgert er, „dass Kılıçdaroğlu von den kurdischen Wählern eine massive Unterstützung bekommen wird“. Das mache einen politischen Umbruch in der Türkei wahrscheinlich. Am 14. Mai werden die Kurden dabei sicher eine entscheidende Rolle spielen.