Ali Yeşildağ: „Erdoğan stiehlt und lässt sich dafür auch noch feiern“
Einer nach dem anderen packt aus. So scheint es zumindest. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan kämpft in diesem Wahlkampf an allen Fronten. Der überraschend starke Kemal Kılıçdaroğlu macht ihm zu schaffen, die türkische Wirtschaft bricht ihm das Rückgrat, die Erdbeben-Katastrophe nimmt ihm jede Hoffnung und die Whistleblower rauben ihm womöglich den letzten Schlaf. Nun packt nach Sedat Peker und Muhammed Yakut ein dritter ehemaliger Weggefährte aus. Sein Name: Ali Yeşildağ. Er bezeichnet den Staatspräsidenten als „Tayyip abi“, also seinen großen Bruder Tayyip und könnte ihn so hart treffen, wie niemand zuvor.
Stunden vor der Veröffentlichung riet Cevheri Güven via Twitter seinen Zuhörerinnen und Zuhörern, dass sie Eimer bereit halten sollen. Denn, so Güven, könnte das nächste Video einem den Magen verdrehen. Seit einigen Tagen kursieren im Netz Indizien dafür, dass erneut ein Sex-Skandal enthüllt werden könnte. Wie im Fall des Ex-Chefs von Ihlas Holding, Rasim Kaan Aytoğlu, spekulierte die Öffentlichkeit auf ein Video, in dem es um Homosexualität geht, diesmal von Innenminister Süleyman Soylu. Der war wiederum in der Habertürk-Sendung von Journalist und Moderator Mehmet Akif Ersoy mit einem Fauxpas aufgefallen. Er nannte den sichtlich verwirrten Moderator plötzlich „mein Schatz“. Seine Ausdrucksweise in dem Moment wirkte indes sehr authentisch.
Ali Yeşildağ: „Eine Milliarde Dollar für Erdoğan durch Geschäft mit Flughafen Antalya“
Doch es kam anders. Cevheri Güven, der berühmte Exil-Journalist, hat auf seinem YouTube-Kanal diesmal das Video einer dritten Person geteilt. Es meldete sich Ali Yeşildağ zu Wort. Eine Person aus dem engsten Kreis des türkischen Präsidenten Erdoğan. Grund genug für die hunderttausenden Zuschauer Güvens, die Lautsprecher laut aufzudrehen. Denn was Yeşildağ zu berichten hat, ist starker Tobak.
Zunächst zur Person und dem Hintergrund von Ali Yeşildağ. Er ist der jüngere Bruder von Hasan und Zeki Yeşildağ. In seinen vorigen Videos titulierte Güven Hasan Yeşildağ als „die geheime Kasse“ des AKP-Vorsitzenden. Die Geschäftsleute Yeşildağ sind bereits seit Jahren Erdoğans Vertraute.
Sie wissen womöglich alles über Erdoğan
Ali Yeşildağ, der direkt klarmacht, dass es weitere Videos von ihm geben wird, berichtet in seinem ersten, ca. 20-minütigen Beitrag, wie „Tayyip abi“ Erdoğan mithilfe von Mücahit Aslan und ihm selbst in den Jahren 2007/08 die Çelebi Holding aus dem Vergabe-Prozess rund um den Flughafen in Antalya verdrängt, dafür eine andere Holding benutzt und von insgesamt 3 Milliarden Dollar Auftragsvolumen rund eine Milliarde in die eigene Tasche gesteckt habe.
„Wisst ihr was die größte Eigenschaft von Erdoğan ist? Er steckt euer Geld in die eigene Tasche und lässt euch dafür auch noch applaudieren“, so Yeşildağ. Dabei bezieht er sich auf einen Auftritt des Präsidenten nach dem korrumpierten Vergabe-Prozess. Da feierte sich Erdoğan für den „Erfolg“, 3 Milliarden für das Betreiben des Flughafen Antalya kassiert zu haben.
Pandoras Büchse – was folgt noch?
„3 Milliarden Dollar! Dabei haben wir das nicht mal verkauft. Nach 15 Jahren ist das wieder bei uns!“, ließ der türkische Präsident den vermeintlichen Erfolg feiern. „Aber was ist mit der einen Milliarde?“, stellt Ali Yeşildağ heute in Frage. Offen bleibt auch, wie glaubwürdig diese Informationen sind. AKP-Trolle haben bereits begonnen, den Enthüller zu diffamieren. Kein Wunder, denn die Angaben treffen die AKP im Wahlkampf mitten ins Herz. Korruption durch die AKP wird allgemein anerkannt, doch durch ihre fanatischen Befürworter kleingeredet. Die Denkweise lautet „Er stiehlt, aber er tut auch etwas dafür“. Dass der Diebstahl so weit geht, vermuten die Wenigsten.
„Wo bleiben meine 30 Millionen?“
Während die AKP-Trolle in Ali Yeşildağ einen depressiven FETÖ-Propagandisten sehen, der seit zwei Jahren im Ausland sei, begibt dieser sich mit seinen Äußerungen selbst in Gefahr. Denn Yeşildağ spricht offen, auch über seine vermeintlichen 30 Millionen Dollar Beraterhonorar in diesem Fall. Dieses Geld habe er nie erhalten. Seine Vermutung ist, dass Erdoğan diese Summe zur Weiterreichung an Mücahit Aslan gegeben habe. Doch dieser habe ihn stets vertröstet. „Das läuft meistens so: Mücahit Aslan hat das Geld bestimmt selbst kassiert. Denn er weiß, dass ich oder niemand sonst nicht zu Erdoğan gehen würde, um zu sagen „Wo bleibt mein Geld?“. Sowas traut sich keiner“, so Yeşildağ. Doch an sein Geld würde er früher oder später kommen, ist er sich sicher.