Staatsanwaltschaft ermittelt gegen türkische Frauenrechtsgruppe
Eine der größten Frauenrechtsgruppen der Türkei befürchtet ein Verbot durch den Staat. Die Staatsanwaltschaft sieht durch die Gruppe „Familienstrukturen“ in Gefahr.
Die Staatsanwaltschaft ermittle gegen sie, erklärte die Plattform „Kadın Cinayetlerini Durduracağız“ (Deutsch: Wir werden Femizide stoppen) am Freitag. Der Behörde zufolge hat es öffentliche Beschwerden über die Gruppe wegen „Verhaltens gegen die Moral“ gegeben, sagte das Vorstandsmitglied Fidan Ataselim der Deutschen Presse-Agentur. Der Organisation wird demnach vorgeworfen, „unter dem Gewand der Verteidigung von Frauenrechten“ Familienstrukturen zerstören zu wollen. Ihre Organisation wies die Vorwürfe als „ungesetzlich und haltlos“ zurück. Ein Gerichtstermin für eine erste Anhörung steht noch nicht fest.
Die Plattform Kadın Cinayetlerini Durduracağız dokumentiert seit 2010 Gewalt gegen Frauen in der Türkei. Angesichts einer wachsenden Tendenz im Land, freie Meinungsäußerungen zu unterdrücken, befürchtet die Gruppe laut Ataselim, bei einer Verurteilung verboten zu werden.
HRW spricht von „Schikane“
Das offensichtliche Bestreben, die Plattform zu verbieten, sei politisch motiviert und provokativ, sagte die Leiterin der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch in der Türkei, Emma Sinclair-Webb, der dpa. „Es ist ein klarer Fall von gerichtlicher Schikane, eine Kampagnengruppe zu diskreditieren, die sehr erfolgreich darin gewesen ist, das Bewusstsein der Öffentlichkeit für die sehr hohe Zahl von Frauenmorden in der Türkei zu schärfen“, so Sinclair-Webb.
Im Jahr 2021 registrierte die Organisation 280 Morde an Frauen in der Türkei. Im ersten Quartal dieses Jahres wurden ihren Daten zufolge 73 Frauen aufgrund ihres Geschlechts getötet.
dpa/dtj