Human Rights Watch: So versagt die Türkei beim Schutz von Frauen

 
 
 
Die Türkei wurde zuletzt vom Tode Cansu Aydoğdus erschüttert. Sie wurde in Anwesenheit ihres fünfjährigen Sohnes von ihrem Mann getötet. Foto: İzmir Kadın Meclisi

Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch hat den türkischen Behörden Versäumnisse beim Schutz von Frauen vor Gewalt vorgeworfen. Zwar reagierten Polizei und Gerichte auf Beschwerden von Frauen, versäumten es aber, Anordnungen wie einstweilige Verfügungen durchzusetzen.

„Die mangelnde Durchsetzung hat dazu geführt, dass Frauen auf dem Radar der Behörden von ihren Peinigern getötet wurden oder über Jahre hinweg immer wieder Gewalt ausgesetzt waren“, sagte die Türkei-Vertreterin der Organisation, Emma Sinclair-Webb, am Donnerstag.

In einem Bericht dokumentierte Human Rights Watch 18 Fälle von häuslicher Gewalt. In sechs Fällen wurden Frauen demnach trotz gerichtlicher Anordnung zu ihrem Schutz von ihren Partnern oder Ex-Partnern ermordet. So beschreibt die Organisation den Fall einer 38-jährigen Mutter von drei Kindern.

Türkei soll Istanbul-Konvention beitreten

Sie sei im Juni 2021 vor ihrem Haus im zentralanatolischen Aksaray von ihrem Ehemann erschossen worden. Die Frau habe sich von ihrem Mann scheiden wollen, sei aber von ihm bedroht und belästigt worden. Gerichte hätten vor dem Mord viermal angeordnet, dass sich der Ehemann von seiner Frau fernzuhalten habe.

HRW forderte die Türkei zudem dazu auf, wieder der Istanbul-Konvention zum Schutz von Frauen beizutreten. Die Türkei war auf Betreiben von Präsident Recep Tayyip Erdoğan vor fast einem Jahr aus dem internationalen Abkommen ausgetreten – das hatte im Land selbst und weltweit für Empörung gesorgt.

dpa/dtj