Faeser will Einbürgerungen erleichtern

Bei besonderen Integrationsleistungen möchte Bundesinnenministerin Nancy Faeser eine Einbürgerung schon nach drei Jahren ermöglichen.

In ihrem Koalitionsvetrag hatten sich die Ampel-Parteien auf eine Reform des Einbürgerungsrechts geeinigt.

 

Die Bundesregierung reformiert nach langem Streit das Staatsangehörigkeitsrecht. Geplant sind Doppelpässe, kürzere Wartezeiten sowie Ausnahmen für Kinder und die erste Gastarbeitergeneration.

Faeser will Einbürgerung erleichtern

Die Bundesregierung will es Einwanderern und deren Kindern deutlich erleichtern, Deutsche zu werden. Ein Gesetzentwurf von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) will so die Identifikation mit der Bundesrepublik stärken. Vor allem Menschen, die schon lange in Deutschland leben und arbeiten oder sich für die Gemeinschaft verdient gemacht haben, sollen schneller Staatsbürger werden können. Das geht aus dem 61-seitigen Entwurf hervor, der der Süddeutschen Zeitung vorliegt. An diesem Mittwoch soll er das Bundeskabinett passieren.

Ausländern, die dauerhaft in Deutschland bleiben wollen, sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung bekennen und grundsätzlich das Erfordernis der eigenständigen wirtschaftlichen Sicherung des Lebensunterhalts erfüllen, soll mit der Einbürgerung der Weg zu einer umfassenden Teilhabe und Mitwirkung eröffnet werden", heißt es in dem Entwurf. Er sieht vor, dass Menschen mit Migrationsgeschichte schon nach fünf Jahren in Deutschland Staatsbürger werden können. Bislang beträgt die Frist acht Jahre.

Bei "besonderen Integrationsleistungen" wie guten Sprachkenntnissen, ehrenamtlichem Engagement oder sehr guten Leistungen im Job soll die Einbürgerung schon nach drei Jahren möglich werden. Voraussetzung ist allerdings, dass jeder Antragsteller "den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen ohne Inanspruchnahme öffentlicher Mittel bestreiten kann" und ausreichend Deutschkenntnisse nachweist.

Auch in Deutschland geborene Kinder ausländischer Eltern sollen schneller Deutsche werden können. Bedingung: Ein Elternteil muss seit fünf Jahren rechtmäßig in Deutschland leben und ein unbefristetes Aufenthaltsrecht haben. Bislang gilt das erst nach acht Jahren. Bei Menschen, die älter als 67 Jahre sind, will Faeser schriftliche Sprachnachweise als Bedingung einer Einbürgerung streichen. Künftig soll es genügen, sich "im Alltag auf Deutsch ohne nennenswerte Probleme verständigen" zu können, mündlich. Das zielt auf die erste Generation sogenannter Gastarbeiter, die wesentlich zum Wohlstand Deutschlands beigetragen hat, aber kaum Sprachförderung erhalten hat. Die erleichterte Einbürgerung soll eine Anerkennung ihrer Lebensleistung sein.

Zu den wichtigen Änderungen zählt auch, dass eine nicht deutsche Staatsangehörigkeit nicht mehr aufgegeben werden muss. Deutschland wird "Mehrstaatigkeit" zulassen. Der alte Rechtsgrundsatz, wonach man sich für einen Pass entscheiden muss, entspreche ohnehin nicht mehr der Praxis, heißt es in dem Entwurf. Seit Jahren würden die meisten Einbürgerungen trotz weiterer Staatsangehörigkeit vollzogen.

Eine erste Fassung des Gesetzes hatte im November für Kontroversen gesorgt. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt warnte vor dem "Verramschen" der Staatsbürgerschaft, CDU-Chef Friedrich Merz vor Einwanderung in die Sozialsysteme. Auch Faesers liberale Koalitionspartner sprachen sich zunächst gegen die Pläne aus. Den Zeitpunkt des Regierungsbeschlusses am Ende der Sommerpause dürfte die Bundesinnenministerin nun nicht ganz zufällig gewählt haben. Faeser tritt bei der Landtagswahl in Hessen am 8. Oktober als Ministerpräsidentenkandidatin an. Ihre Partei, die SPD, liegt in Umfragen deutlich hinter der CDU. Da dürfte Profilierung beim Thema Migration nicht schaden.

Ein neues Staatsangehörigkeitsrecht soll auch helfen, Fachkräfte zu binden

Zuletzt hatte Faeser mit ihrer Zustimmung für Aufsehen gesorgt, die Asylpraxis an den EU-Außengrenzen zu verschärfen. Ihr Entwurf zum Staatsangehörigkeitsrecht postuliert nun eine aktivere Integrationspolitik. Laut europäischer Statistikbehörde Eurostat liegt Deutschland bei den Einbürgerungen unter dem EU-Durchschnitt. Etwa 14 Prozent der hier lebenden Bevölkerung haben demnach keinen deutschen Pass - gut zwölf Millionen Menschen. Mehr als fünf Millionen von ihnen leben schon seit mindestens zehn Jahren in Deutschland. Eine große Gruppe der Gesellschaft könne nicht "gleichberechtigt demokratisch teilhaben und mitwirken", hieß es in einer Analyse des Bundesinnenministeriums. Das mache eine Modernisierung des Staatsangehörigkeitsrecht nötig. Sie soll auch helfen, ausländische Fachkräfte dauerhaft zu binden, die Deutschlands Wirtschaft fehlen.

Aus der Union kamen am Dienstag erneut Widerworte. "Die doppelte Staatsangehörigkeit grundsätzlich hinzunehmen ist aus unserer Sicht der falsche Weg und nicht im Sinne einer guten Integration", sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der Union im Bundestag, Thorsten Frei (CDU), der Süddeutschen Zeitung. Die Verleihung der Staatsangehörigkeit müsse immer "der Abschluss einer gelungenen Integration sein", nicht ihr Beginn. Es sei auch ein Irrglaube, dass der Doppelpass die Bereitschaft zur Einbürgerung steigere. Die Niederlande, so der CDU-Abgeordnete, wiesen eine der höchsten Einbürgerungsquoten der EU auf, obwohl die doppelte Staatsangehörigkeit dort "grundsätzlich unzulässig ist und nur in Ausnahmekonstellationen gewährt" werde.