Staatsangehörigkeitsrecht: Das sind die neuen Regelungen für Einbürgerungen

Artikel von Malte Göbel • Der Spiegel

 

Der Weg zum deutschen Pass soll einfacher werden – aber nur für Menschen, die sich selbst finanzieren und nicht straffällig sind. Die Neuerungen im Detail.

 

Staatsangehörigkeitsrecht: Das sind die neuen Regelungen für Einbürgerungen

Staatsangehörigkeitsrecht: Das sind die neuen Regelungen für Einbürgerungen © Karl-Josef Hildenbrand / dpa

 

Die Ampelkoalition hat eine Reform des Staatsangehörigkeitsrechts beschlossen: Einbürgerungen sollen erleichtert werden, doppelte Staatsbürgerschaft grundsätzlich möglich sein. Die Einbürgerung von Menschen, die nicht für den eigenen Lebensunterhalt aufkommen können oder die in Deutschland bereits straffällig geworden sind, will die Regierung hingegen erschweren.

Gültig sind die neuen Regelungen damit noch nicht: Der Gesetzentwurf wird nun in Bundestag und Bundesrat beraten. Es bedarf allerdings nicht der Zustimmung des Bundesrats. Hier sind die wichtigsten Punkte der Reform:

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Voraussetzungen für die Einbürgerung

Voraussetzung für den Erhalt der Staatsbürgerschaft bleiben Nachweise für Integration und Deutschkenntnisse. Zudem muss der eigene Lebensunterhalt und der von unterhaltsberechtigten Familienangehörigen selbst bestritten werden. Zentral bleibt zudem, die Werte der freiheitlichen Gesellschaft zu teilen.

Doppel-Pass wird grundsätzlich möglich

Bislang galt – bis auf wenige Ausnahmen – das Prinzip: Wer die deutsche Staatsbürgerschaft annimmt, muss die alte Staatsbürgerschaft ablegen. Künftig soll Mehrstaatigkeit grundsätzlich möglich sein. Der Entwurf verweist darauf, dass viele Zugewanderte bislang vor dem Verzicht auf die alte Staatsbürgerschaft zurückscheuen – auch wegen emotionaler Verbundenheit zu ihrem Herkunftsland respektive dem ihrer Eltern.

Staatsbürgerschaft für Kinder

Alle in Deutschland geborenen Kinder ausländischer Eltern sollen künftig ohne weiteren Vorbehalt die deutsche Staatsangehörigkeit erhalten, wenn mindestens ein Elternteil seit mehr als fünf Jahren rechtmäßig in Deutschland lebt und ein unbefristetes Aufenthaltsrecht besitzt. Bislang lag die Frist bei acht Jahren. Prinzipiell können in Deutschland geborene Kinder die deutsche Staatsangehörigkeit und die Staatsangehörigkeit ihrer Eltern erhalten und dauerhaft behalten.

Sprachkenntnis-Ausnahmen für »Gastarbeiter«-Generation

Besondere Erleichterungen sollen für Angehörige der sogenannten Gastarbeitergeneration gelten, die oft schon Jahrzehnte in Deutschland leben. Diese älteren Migrantinnen und Migranten sollen künftig keinen schriftlichen Deutsch-Test mehr machen müssen, um eingebürgert zu werden. Der Nachweis mündlicher Sprachkenntnisse soll reichen. Auch sollen sie keinen schriftlichen Einbürgerungstest mehr machen müssen. Mit diesen Erleichterungen soll die »Lebensleistung« dieser älteren Generation gewürdigt werden, heißt es in dem Entwurf.

Sie gelten für Menschen, die vor Juni 1974 in die Bundesrepublik gekommen sind oder vor 1990 als Vertragsarbeitende in die damalige DDR. Innenministerin Nancy Faeser (SPD) sprach bei der Vorstellung des Gesetztes von einer »späten Würdigung« der »enormen Leistung der Gastarbeiter-Generation für unser Land«.

Bekenntnis zum Grundgesetz notwendig

Das auch bisher schon verlangte Bekenntnis zur freiheitlich demokratischen Grundordnung wird präzisiert. Der Entwurf stellt klar, dass »antisemitisch, rassistisch, fremdenfeindlich oder sonstige menschenverachtend motivierte Handlungen« mit der Menschenwürdegarantie des Grundgesetzes unvereinbar sind. Neu eingeführt wird mit der geplanten Reform eine »Übermittlungsregelung«: Die Staatsanwaltschaften müssen der Einbürgerungsbehörde auf Anfrage mitteilen, ob jemand, der sich um den deutschen Pass bewirbt, schon einmal wegen einschlägiger Straftaten verurteilt wurde.

Lebensunterhalt muss gesichert sein

Grundsätzlich soll nur die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten, wer den Lebensunterhalt für sich und unterhaltsberechtigte Familienangehörige aus eigenen Mitteln bestreiten kann. Es gibt allerdings eine Reihe von Ausnahmen, etwa ebenfalls für einstige »Gastarbeiter«, die bis 1974 nach Deutschland gekommen sind oder frühere DDR-Vertragsarbeiterinnen- und arbeiter.

Ausnahmen gelten zudem für alle, die in den zurückliegenden zwei Jahren mindestens 20 Monate in Vollzeit gearbeitet haben sowie deren Ehegatten oder eingetragene Lebenspartner bei einer familiären Gemeinschaft mit mindestens einem Kind.

Feier für Eingebürgerte

Die Einbürgerungsurkunde soll grundsätzlich im Rahmen einer öffentlichen Feier ausgehändigt werden.

Zahlen und Fakten

Das Bundesinnenministerium beziffert die Zahl der Menschen, die mit ausländischer Staatsbürgerschaft in Deutschland leben, auf rund zwölf Millionen, das ist etwa 14 Prozent der deutschen Bevölkerung. Von diesen halten sich demnach rund 5,3 Millionen seit mindestens zehn Jahren in Deutschland auf.

Nach Angaben des Ministeriums beantragten im vergangenen Jahr 168.545 Menschen in Deutschland den deutschen Pass, das entspricht 3,1 Prozent der ausländischen Staatsbürgerinnen und Staatsbürger, die seit mindestens zehn Jahren hierzulande leben. In der Europäischen Union beträgt die Einbürgerungsrate demnach 2,0 Prozent, in Deutschland nur 1,1 Prozent.

Der Vorlage zufolge ist außerdem der Doppel-Pass in der Praxis in Deutschland längst zum Normalfall geworden: Von den Menschen, die im Jahr 2021 eingebürgert wurden, hätten 69 Prozent noch mindestens eine weitere Staatsbürgerschaft.