Gemeinsamer Religionsunterricht in erster und zweiter Klass

                                                    Geschichte von dpa

                                                              
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                                                            Eine Lehrerin schreibt mit Kreide einen Stundenplan mit Religionsunterricht an eine Tafel. © Friso Gentsch/dpa

 

Für die ersten beiden Grundschulklassen startet im kommenden Schuljahr ein neues Modellprojekt für den Religionsunterricht. Damit kann eine Gruppe katholischer und evangelischer Kinder gemeinsam unterrichtet werden.

Das Modellprojekt greife dann, wenn «aus organisatorischen Gründen keine Gruppenbildung für den traditionellen, konfessionell gebundenen Religionsunterricht möglich ist» und es keine klare Mehrheit von evangelischen oder katholischen Kindern in der Klasse gebe, teilte das Kultusministerium mit. Die Schülerinnen und Schüler werden dann entweder von einer evangelischen oder katholischen Lehrkraft unterrichtet, der Lehrplan richtet sich nach der Konfession des Lehrers oder der Lehrerin.

Praktische Erfahrungen aus Bamberg

Es sei wichtig, dass der Unterricht besonders «konfessionssensibel» gestaltet und die Expertise der anderen Konfession miteinbezogen werde, hieß es weiter. Das Modellprojekt «KoRUk» («Konfessioneller Religionsunterricht kooperativ») ist demnach eine Weiterentwicklung schon existierender Religionsunterrichtsprojekte.

Und wie könnte das praktisch aussehen? Expertise auf diesem Feld bringen Stefanie Lorenzen, Professorin für evangelische Religionspädagogik, und Konstantin Lindner, Professor für katholische Religionspädagogik, von der Uni Bamberg mit. Grundsätzlich sei Basiswissen über die jeweils andere Konfession notwendig, sagte Lorenzen der dpa. «Für die didaktischen Konzepte gibt es folgende grobe Schlagworte: Gemeinsamkeiten fördern, Unterschieden gerecht werden, Besonderes bergen.» Das bedeute, zu schauen, welche konfessionellen Unterschiede für sechs- bis achtjährige Kinder überhaupt relevant sind - und dann gehe es darum, diese weder überzubetonen noch unter den Teppich zu kehren.

Vorbilder für Studierende sein»

Wichtig sei auch die Frage nach dem Reichtum des Christentums, sagte Lindner. «Wir sprechen in der Grundschule zum Beispiel von Dingen wie Ritualisierung, von einfachen Formen von Stille zum Beispiel. Und das ist ja etwas Gemeinsames - hier würden beide Konfessionen keinen Unterschied machen.»

Bei der Ausbildung von künftigen Lehrkräften für das Fach Religion in Bamberg kooperiere deshalb die evangelische und die katholische Seite. «Wir versuchen Vorbilder für unsere Studierenden und unsere Lehrkräfte zu sein, weil wir zeigen, dass es geht», sagte Lindner.

Auch klare Kommunikation mit den Eltern wird eingeübt. Es gebe viele Argumente für konfessionell-kooperativen Religionsunterricht, etwa die zurückgehende Zahl von Schülerinnen und Schülern in einigen Regionen sowie der Lehrermangel. «Man kann es auch als Bereicherung erfahren, das konfessionelle Gegenüber kennenzulernen. Und aus dem Reichtum der Traditionen kann man auch didaktisch schöpfen. Man redet dann nicht über die anderen, sondern kann gemeinsam diesen Reichtum entdecken. Das fördert die dialogische Auseinandersetzung», sagte Lorenzen. Grundsätzlich nehme man wahr, dass den Schulleiterinnen und -leitern an den Grundschulen ein gut funktionierender Religionsunterricht wichtig ist, ergänzte Lindner.

Kirchen betonen Wert des «Reli»-Unterrichts

Das Modell sei «eine Initiative der beiden großen christlichen Kirchen in Bayern, die eine sehr lange Phase der Vorentwicklung in den beiden Kirchen hinter sich hat», sagte Matthias Belafi, Leiter des Katholischen Büros in Bayern. «Die vertiefte konfessionelle Kooperation ist ein deutliches Zeichen und wichtiges Element zur Stärkung des schulischen Religionsunterrichts. Der Religionsunterricht in der Schule hat eine große Bedeutung - für die Schüler, für die Kirchen und für die gesamte Gesellschaft.»

Kindern werde im konfessionell-kooperativen Unterricht besonders gut ermöglicht, Gemeinsamkeiten und Besonderheiten der verschiedenen Konfessionen kennen und schätzen zu lernen, sagte Johannes Minkus, Sprecher der evangelischen Landeskirche. Naturgemäß werben die beiden großen Kirchen in Bayern für den Religionsunterricht - und hatten auch zuletzt Erfolg, als es Gedankenspiele gab, die dritte «Reli»-Stunde in 3. und 4. Grundschulklasse zugunsten von mehr Mathe und Deutsch aufzugeben.

Religiöse Erziehung sei ein Grundrecht und im Sinne des Bildungsauftrages, sagte Minkus. Sie schule den Umgang mit Religionsfreiheit, vermittele Grundwerte und ermögliche interreligiöse Kompetenzen. «Damit leistet der Religionsunterricht insbesondere vor dem Hintergrund der vielfältigen politischen und gesellschaftlichen Krisen und Polarisierungen einen zentralen Beitrag zur Persönlichkeitsbildung junger Menschen und zum Zusammenhalt in unserer Gesellschaft.»

Die Versorgung mit Religionslehrkräften in Bayern gilt derzeit noch als gut - allerdings könnte sich das ändern, wenn Renteneintritte anstehen. Zudem ist das Personal nicht gleichmäßig über alle Regionen verteilt - mancherorts gibt es viele Lehrkräfte einer bestimmten Konfession, andernorts zu wenige.

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