Anti-Terror-Einsatz im Ruhrgebiet: „Islamistische Gefahr nie unterschätzen“

Artikel von Christopher Ziedle

 In Castrop-Rauxel ist in der Nacht zum Sonntag möglicherweise ein Giftanschlag vereitelt worden. Das ist seit dem Jahr 2000 insgesamt 21 mal gelungen

 

Ein Spezialeinsatzkommando hat in der Nacht zum Sonntag in Castrop-Rauxel die Wohnung eines 32-jährigen Iraners durchsucht und den Verdächtigen abgeführt. © Foto: Karsten Wickern/dpa

 

Der Hinweis auf einen möglicherweise geplanten Terroranschlag ist nach Angaben aus Sicherheitskreisen von den US-Geheimdiensten gekommen. Er wurde im Terrorabwehrzentrum von Bund und Ländern bewertet und am Samstag an die zuständige Generalstaatsanwaltschaft in Düsseldorf weitergeleitet.

Die ließ noch in der Nacht zu Sonntag die Wohnung eines 32-jährigen Iraners in Castrop-Rauxel durchsuchen. Der von einem Spezialeinsatzkommando Abgeführte wird verdächtigt, zusammen mit seinem Bruder die Tötung möglichst vieler „Ungläubiger“ geplant zu haben.

Nicht gefunden wurden jedoch die Giftstoffe Cyanid und Rizin, die er sich dafür besorgt haben soll. Dies heißt für die Generalstaatsanwaltschaft aber nicht, dass der laut NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) „ernst zu nehmende Hinweis“ unbegründet war.

Ermittler untersuchen sichergestelltes Material

„Ob die Person Zugang auch zu anderen Räumlichkeiten hatte, wird derzeit untersucht“, so Pressesprecher Holger Heming am Sonntagnachmittag gegenüber dem Tagesspiegel. Experten werteten sichergestellte Medien dahingehend aus. Dazu, ob die Brüder bereits zuvor auffällig waren, wollte er sich nicht äußern.

Im jüngsten Verfassungsschutzbericht ist bereits davon die Rede, dass bei islamistischen Gruppierungen zuletzt zwar eine „geringere Sichtbarkeit und Dynamik der Szene“ festgestellt worden sei, sie aber weiter das Ziel verfolgten, „jede sich bie­tende Gelegenheit für einen terroristischen Anschlag zu nutzen“.

So sprach die Bundesinnenministerin am Sonntag nicht nur den Einsatzkräften sowie den wegen der Suche nach chemischen Substanzen involvierten Experten des Robert-Koch-Instituts ihren Dank aus - sondern auch eine klare Warnung. „Deutschland steht weiterhin im unmittelbaren Zielspektrum islamistischer Terrororganisationen“, so Nancy Faeser (SPD).

Zu abhängig von amerikanischen Geheimdiensten?

Seit dem Jahr 2000 wurden in Deutschland ihr zufolge 21 islamistische Anschläge verhindert. Die internationale Geheimdienstkooperation sei dafür „ein wichtiger Baustein“. Der Terrorexperte Peter Neumann wies am Rande der CSU-Klausur im bayerischen Seeon darauf hin, dass deutsche Behörden zu häufig auf die Erkenntnisse amerikanischer Dienste angewiesen seien. Es gelte daher, „Fähigkeiten aufzubauen, um diese Abhängigkeit zu verringern“.

Noch ließe sich „die tatsächliche Bedrohung , die von dem Beschuldigten in Castrop-Rauxel ausgegangen sein könnte“, nicht abschließend bewerten, sagte der Grüne Konstantin von Notz, der dem Geheimdienst-Kontrollgremium im Bundestag vorsteht, dem Tagesspiegel. Trotz der „ernsten Bedrohungen aus dem Bereich des militanten Rechtsextremismus“ dürfe die islamistische Gefahr „zu keiner Zeit unterschätzt werden