Antirassismus-Beauftragte: Mehr Diversität in Behörden

Artikel von dpa

Die Antirassismus-Beauftragte der Bundesregierung, Reem Alabali-Radovan, hält zusätzliche Maßnahmen gegen Rassismus und Diskriminierung in Behörden für notwendig. Eine Quote für die Beschäftigung von Menschen mit Zuwanderungsgeschichte in der Bundesverwaltung, wie sie von manchen Migrantenverbänden gefordert wird, ist aus Sicht der SPD-Politikerin aber nicht der richtige Weg, wie sie in einem Interview der Deutschen Presse-Agentur erklärt.

 

 

 

 

Zum einen gibt es keine politischen Mehrheiten für eine Quote, aber auch inhaltlich sehe ich das als sehr schwierig an», sagte sie der dpa. Die Probleme gingen schon bei Begrifflichkeiten wie dem sogenannten Migrationshintergrund los. Nach der Definition des Statistischen Bundesamtes hat jemand einen Migrationshintergrund, wenn er oder sie selbst oder mindestens ein Elternteil nicht mit deutscher Staatsangehörigkeit geboren wurde.

Darunter seien allerdings auch Menschen, «die strukturell eigentlich keine gesellschaftlichen Hürden erleben», gab die Staatsministerin zu bedenken. Andererseits gebe es Menschen, die nach der bisherigen Definition zwar keinen Migrationshintergrund haben - etwa weil sie in der dritten und vierten Generation in Deutschland leben -, im Alltag aber trotzdem von Rassismus und Diskriminierung betroffen seien und auf Schwierigkeiten stießen.

Betroffene beklagen unter anderem Racial Profiling

Im Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP heißt es: «In der Bundesverwaltung und in den Unternehmen mit Bundesbeteiligung führen wir eine ganzheitliche Diversity-Strategie mit konkreten Fördermaßnahmen, Zielvorgaben und Maßnahmen für einen Kulturwandel ein.» Federführend sind das Innenministerium unter Nancy Faeser (SPD) und das Ressort von Familienministerin Lisa Paus (Grüne).

Alabali-Radovan ist als Integrationsbeauftragte der Bundesregierung auch für die Belange von Flüchtlingen zuständig. Das Kabinett hatte ihr vor einem Jahr zusätzlich die neu geschaffene Aufgabe der Antirassismus-Beauftragten übertragen. Um Opferinitiativen, Beratungsstellen und andere Projekte in dem Bereich zu fördern, stehen ihr zehn Millionen Euro zur Verfügung.

Zu den Klagen, die von Betroffenen häufig geäußert werden, zählen unter anderem Fälle von vermutetem Racial Profiling. Darunter versteht man anlasslose Kontrollen aufgrund äußerlicher Merkmale. «Racial Profiling ist verboten, das gibt unser Grundgesetz vor: jeder Mensch ist gleich zu behandeln», betont die Antirassismus-Beauftragte. Aus Studien und Berichten von Betroffenen sei aber bekannt, «dass viele Menschen trotzdem Racial Profiling erfahren».

Kontrollquittung könnte mögliche Maßnahme sein

Um ein besseres Bild zu gewinnen, habe sie einen Runden Tisch zu Rassismus und Polizei eingerichtet. Eine mögliche Verbesserung, über die dabei gesprochen worden sei, betreffe eine «mögliche Verpflichtung zum Ausstellen einer Kontrollquittung». In Bremen wird dies bereits praktiziert, allerdings bislang lediglich an sogenannten Gefahrenorten. Wenn Betroffene, die von der Polizei angehalten oder durchsucht werden, eine Bescheinigung darüber erhalten könnten, hätten sie die Möglichkeit, diese Kontrollen im Nachgang gegebenenfalls von einer Beschwerdestelle überprüfen zu lassen, sagt Alabali-Radovan. «Denn bislang werden solche Kontrollen nicht dokumentiert und Beschwerden laufen oft ins Leere.»

Die Grünen könnten sich vorstellen, die Verpflichtung zum Ausstellen einer solchen «Quittung» auch in die Novelle des Bundespolizeigesetzes aufzunehmen, über die in der Regierung momentan beraten wird. Sollte dazu nichts im Gesetzentwurf stehen, der demnächst im Kabinett beraten werden soll, dürfte die Grünen-Fraktion das Thema im Bundestag zur Sprache bringen.

Alabali-Radovan: Betroffenen Gehör verschaffen

Die Antirassismus-Beauftragte sieht ihre Aufgabe aber nicht nur darin, im politischen Raum Verbesserungen zu erreichen. Sie will auch in die Gesellschaft hineinwirken und den Betroffenen Gehör verschaffen, wie sie sagt. Da gehe es zum Beispiel darum, zu erklären, warum selbst der vermeintlich

freundliche Satz «Sie sprechen aber gut Deutsch», je nach Kontext als Diskriminierung verstanden werden kann. Denn je nachdem, wer das zu wem sage, sei da die Aussage mitenthalten, «es überrascht mich, dass Du so gut sprichst, obwohl Du nicht dazu gehörst, weil Du so aussiehst, wie Du aussiehst oder wegen Deines Namens». Sie selbst habe solche Situationen auch schon erlebt.

Alabali-Radovan, die im Grundschulalter nach Deutschland kam, erwartet bald ein Kind. Deshalb ist die SPD-Politikerin aus Mecklenburg-Vorpommern zur Zeit nicht in ihrem Büro im Kanzleramt zu finden