Rechtsextremismus: Gewerkschaft der Polizei will aktive AfD-Mitglieder rauswerfen

Die Polizeigewerkschaft sieht die AfD "immer rechtslastiger" und erklärt eine Mitgliedschaft für unvereinbar. Die AfD fordert den Rücktritt von GdP-Vize Dietmar Schilff.

Martin Hess, Bundestagsabgeordneter und Polizist © Christophe Gateau/​dpa Martin Hess, Bundestagsabgeordneter und Polizist

Wer zur AfD gehört, soll künftig nicht mehr Mitglied in der Gewerkschaft der Polizei sein dürfen. Ein entsprechendes Positionspapier beschloss der Bundesvorstand der Gewerkschaft in einer Videokonferenz. "Wir sehen, dass die AfD immer rechtslastiger wird", begründete das GdP-Vizechef Dietmar Schilff im Gespräch mit ZEIT ONLINE. Er bezog sich dabei auch auf  Entwicklungen der vergangenen Monate: "Die Partei verbindet sich mit rechtsextremen Gruppen bei den Corona-Demonstrationen", sagte er. "Ihre Abgeordneten laden Menschen in den Bundestag ein, die dort andere Abgeordnete einschüchtern."

Gäste zweier Bundestagsabgeordnete hatten im November im Bundestag mit laufenden Kameras Parlamentarier bedrängt und Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier beleidigt. Zudem waren AfD-Funktionäre aus dem völkischen Flügel an der Seite von Pegida-Rednern und mit dem rechtsextremistischen Cottbuser Verein Zukunft Heimat aufgetreten.  

Die GdP sei eine "solidarische Gewerkschaft", sagte Schilff. Die AfD aber "will mit Provokationen und Inszenierungen medienwirksam auffallen, ist gewerkschaftsfeindlich eingestellt und entzieht sich der solidarischen Basis unserer Gesellschaft." Die Gewerkschaft sehe bei ihrem Beschluss keinen Widerspruch zur Meinungsfreiheit. "Man kann als Partei demokratisch gewählt sein und dennoch undemokratisch sein", sagte Schilff. "Dass die AfD undemokratisch ist, kann jeden Tag in den Parlamenten nachvollzogen werden."

Die Gewerkschaft verwies auch darauf, dass der Verfassungsschutz bescheinigt, dass völkisch-nationalistische Kräfte in der Partei erstarken. Der Verfassungsschutz beobachtet bereits den völkischen AfD-Flügel um Björn Höcke und mehrere ostdeutsche Landesverbände. Der Bundesverfassungschutz hatte vor wenigen Wochen beschlossen, die Gesamtpartei zu beobachten, ist aber durch eine Klage der AfD daran derzeit gehindert.

In der AfD sind viele Polizisten als Abgeordnete und Funktionäre aktiv, darunter die Bundestagsabgeordneten Martin Hess aus Baden-Württemberg und Karsten Hilse aus Sachsen. Der ausgebildete Soldat Martin Hohmann aus Hessen war beim Bundeskriminalamt tätig. Auch in den Landesparlamenten gibt es viele Polizeibeamte, die Partei sieht sich auch als Interessenvertreter der Soldaten und Polizeibeamten. Die Gewerkschaft sieht das als ideologisch motiviert: Die AfD stehe nur dann hinter der Polizei, wenn es ihren Zielen und ihrer Ideologie entspreche, sagte ein Sprecher der Gewerkschaft.

Die GdP verweist dabei auf ihre Satzung: "Personen, die sich gegen unsere Grundsätze richten, können wir ausschließen", sagte Schilff. Die Gewerkschaft will jetzt alle aktiven AfD-Mitglieder in ihren Reihen anschreiben und zum Austritt auffordern. Also jene, die in der Öffentlichkeit als Mitglieder, Funktionäre oder Abgeordnete der Partei erkennbar sind. "Wenn sie dem nicht Folge leisten, werden wir weitere Schritte gehen bis zum Gewerkschaftsausschluss." Ob einfache Parteimitglieder ohne öffentliche Präsenz in der GdP Mitglied sind und ausgeschlossen werden sollen, will die Gewerkschaft nicht ermitteln. "Wir betreiben keine Gesinnungsschnüffelei."

Chrupalla spricht von antidemokratischen Methoden

Die AfD reagierte erwartungsgemäß kritisch auf den Beschluss, der zwei Tage vor den Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz gefasst wurde , bei denen sich die Partei eine Bestätigung durch die Wählerinnen und Wähler erhofft: Die Gewerkschaft agiere "für jeden offensichtlich als verlängerter Arm der Grünen und der SPD, zweier Parteien also, die die Interessen von Polizeibeamten regelmäßig mit Füßen treten", sagte der AfD-Innenpolitiker Martin Hess, selbst Polizist von Beruf, ZEIT ONLINE. "Für eine Vertretung von Beamten, die zur Neutralität und Mäßigung verpflichtet sind, ist ein solcher manipulativer Eingriff inakzeptabel." Dietmar Schilff sei ein "schlechtes Vorbild für Polizeibeamte" und solle von seinem Amt zurücktreten.

Der Beschluss stigmatisiere auch Parteimitglieder gezielt, sagte Hess weiter. Dabei fordere die AfD – vehement wie keine andere Partei – die Einhaltung von Recht und Gesetz ein, sagte der Bundestagsabgeordnete. "Um Parteipolitik unter dem Deckmantel politischer Korrektheit zu treiben, greift die GdP zu antidemokratischen Methoden, indem sie den Meinungspluralismus mit Füßen tritt." 

AfD-Bundessprecher Tino Chrupalla warf der Gewerkschaft vor, von Vielfalt zu reden, selbst aber Andersdenkende auszuschließen. "Nun hat sich die Gewerkschaft der Polizei per Vorstandsbeschluss auch formal zu ihrer zutiefst intoleranten und antidemokratischen Grundhaltung bekannt, die sich jedem Diskurs über Positionen außerhalb des eigenen zuzementierten Meinungskorridors verweigert", sagte Chrupalla ZEIT ONLINE. Der Beschluss zeige, dass die Gewerkschaft nicht bereit seist, die Interessen aller Polizisten zu vertreten, "sondern nur die Belange derjenigen, die sich in das ideologische GdP-Korsett zwängen lassen."

Auch REP-Mitglieder waren ausgeschlossen

Der Innenpolitiker Hess forderte auch andere Mitglieder der Gewerkschaft, "denen Demokratie und Meinungsfreiheit am Herzen liegen", auf, sich mit den AfD-Vertretern solidarisch zu zeigen und die Gewerkschaft zu verlassen.

Die Gewerkschaft hatte eigenen Angaben nach schon einmal Anfang der 90er Jahre eine solche Ausschlussvereinbarung beschlossen. Auch eine Mitgliedschaft in der Partei Die Republikaner war demnach mit einer Mitgliedschaft in der GdP unvereinbar.

 

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