Schüler rufen Nazi-Parolen an Kasseler Gymnasium – Schulleiter reagiert sofort

                                                                    Geschichte von Hannah Köllen

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Deutschland den Deutschen – Ausländer raus“: Diese Parole grölten Ende Juni einige Schüler auf dem Flur des Wilhelmsgymnasiums

(Foto). Bis jetzt ist nicht klar, um welche Schüler es sich handelt. ARCHI © Christina Hein

 

Deutschland den Deutschen – Ausländer raus“: Diese Parole grölten Schüler auf dem Flur des Wilhelmsgymnasiums. Bis jetzt ist unklar, um welche Schüler es sich handelt.

Kassel – Nicht mal zwei Monate ist es her, dass in einem Club auf Sylt feiernde junge Menschen durch ausländerfeindliche Parolen ein bundesweites Medienecho hervorgerufen haben. Jetzt haben auch Schüler am Kasseler Wilhelmsgymnasium die Parole „Deutschland den Deutschen – Ausländer raus“ gegrölt.

Der Vater eines Schülers berichtete von dem Vorfall, Schulleiter Uwe Petersen bestätigt dies auf HNA-Anfrage. „Das Ganze ist an einem Freitagnachmittag Ende Juni passiert. Da sind vermutlich zwei oder drei Schüler über den Flur gelaufen und haben diese Parole gerufen. Leider konnten die Schüler nicht dingfest gemacht werden“, berichtet Petersen. Er vermute jedoch, dass es sich um Schüler des Jahrgangs 9 handle, da diese die einzigen seien, die sich freitagsnachmittags noch im Schulgebäude aufhielten. „Bis jetzt hat sich aber natürlich noch niemand geoutet“, sagt Petersen.

Schüler einer Kasseler Schule grölen Nazi-Parole

Selbst wenn klar wäre, wer die Parolen gerufen hat, wäre Petersen gegen eine direkte Sanktionierung der Schüler, wie der Schulleiter sagt. „Ich finde es wichtiger, mit den Kindern und Jugendlichen über deren Motive zu sprechen. Gerade bei Jugendlichen ist vieles auch Provokation. Da hört man dann im Nachhinein oft sowas wie ‘Das war doch nur als Spaß gemeint’“, sagt Petersen.

Daher sei es wichtig, dass auch an Schulen Themen wie Rassismus und Ausgrenzung immer wieder angesprochen werden. Am Wilhelmsgymnasium will man diesen Themen künftig noch mehr Platz einräumen: Die Schule hat sich bereits im Frühjahr dieses Jahres dazu entschlossen, sich dem bundesweiten Schulnetzwerk „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ anzuschließen. „Kommendes Schuljahr soll es für uns losgehen“, sagt Petersen.

Mini-Unterrichtseinheit zum Thema „Rechtsextremismus“ für gesamten Jahrgang

Als Reaktion auf die grölenden Jugendlichen habe es an dem Gymnasium kurzerhand für den gesamten Jahrgang 9 eine Mini-Unterrichtseinheit zum Thema „Rechtsextremismus“ gegeben. Für Uwe Petersen steht fest: „Bei solchen Themen können wir nicht von oben herab mit erhobenem Zeigefinger mit den Kindern und Jugendlichen sprechen, sondern müssen ihnen auf Augenhöhe begegnen. Es geht um Aufklärung und Einsicht und auch darum, Fakten zu schaffen.“ Denn das sei gerade bei Jugendlichen, die sich hauptsächlich über soziale Medien wie Tiktok oder Instagram informierten, wichtig.

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                                        Uwe Petersen Wilhelmsgymnasium Kassel © Bereitgestellt von HNA

Annette Knieling, Leiterin des Staatlichen Schulamts, lobt das Vorgehen der Schule nach dem Vorfall: „Nach meinem Kenntnisstand hat die Schulleitung in Zusammenarbeit mit den Lehrkräften in dieser Situation vorbildlich gehandelt, indem sie sich darum bemüht haben, die Verantwortlichen zu ermitteln (Jahrgangsstufe und Geschlecht konnten ausgemacht werden, nicht aber die konkreten Akteure) und das Thema unmittelbar aufgegriffen haben.“ Zur Kernkompetenz von Lehrkräften und Pädagogen gehöre auch, „die Themen aufzugreifen, die bei Kindern und Jugendlichen virulent sind, zum Teil aber auch als Provokation genutzt werden“.

Welche Ereignisse von Schulen ans Schulamt gemeldet werden müssen, dazu gebe es klare Vereinbarungen. Hierzu zählen laut Knieling unter anderem besondere Krisensituationen, Todesfälle oder Suizid, rechtsextremistische Aktivitäten und Gewaltvorfälle. Darüber hinaus gebe es jedoch auch Graubereiche, „die von der Bewertung durch die Verantwortlichen vor Ort abhängen beziehungsweise zum Teil im privaten Umfeld liegen, aber in den Schulalltag hineinwirken“. (Von Hannah Köllen)

Für Aufsehen hatte ein Mann in der Kasseler Innenstadt gesorgt, der durch die Fußgängerzone zog und dabei auch verbotene rechtsextreme Parolen und volksverhetzende Ausrufe gegrölt haben soll.