Türkische Gemeinde kritisiert Schwenk deutscher Türkei-Politik
ARCHIV - Der Bundesvorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland (TGD), Gökay Sofuoglu, steht am 03.12.2015 in Berlin auf einer Brücke. Foto: Gregor Fischer/dpa
Die Türkische Gemeinde in Deutschland hat die neue Haltung der Bundesregierung kritisiert, für einen Abbruch der EU-Beitrittsgespräche mit der Türkei einzutreten. Dies sei «ein Riesenrückschritt», sagte der Vorsitzende Gökay Sofuoğlu der Düsseldorfer «Rheinischen Post» (Dienstag). «Das stärkt in Deutschland den Rechten und in der Türkei Erdogan den Rücken.»
Das Signal, dass die Türkei nicht zu Europa gehöre, schwäche die demokratischen Kräften in der Türkei, die dort versuchten die Demokratie zurückzugewinnen. «Union und SPD tun im Bundestagswahlkampf so, als ob die Türkei nur aus Erdogan und seinen Anhängern besteht», Sofuoglu. Dabei sei die Mehrheit in der Türkei demokratisch gesonnen. «Die deutsche Regierung muss auch bedenken, dass es eine Zeit nach Erdogan geben wird.»
Aus dem gleichen Grund sind auch die Grünen dagegen, die Beitrittsverhandlungen endgültig zu beenden. Die Gespräche lägen zu Recht vorerst auf Eis, sagte Spitzenkandidatin Katrin Göring-Eckardt am Montagabend im ZDF. Aber: «Den demokratischen Kräften in der Türkei schließen wir nicht die Tür. Herrn Erdogan, ja. Aber den demokratischen Kräften ganz bestimmt nicht.»
Die Linke: Bundesregierung setzt mögliche Maßnahmen nicht um
Sie kritisierte wie Linke-Spitzenkandidat Dietmar Bartsch, dass die Bundesregierung andere mögliche Maßnahmen gegen die Türkei nicht umsetze. Es würden weiter Waffen an Ankara exportiert und Hermes-Bürgschaften für Geschäfte mit der Türkei gewährt. «Sie reden viel, aber machen nichts, und damit stärken sie definitiv Herrn Erdogan», sagte Bartsch an die Adresse der Regierung. Anders als die Grünen ist die Linke aber für einen Abbruch der Verhandlungen.
Grünen-Chef Cem Özdemir gab in der «Rhein-Neckar-Zeitung» (Dienstag) auch zu bedenken: «Ein Abbruch der Beitrittsverhandlungen würde Erdogan nicht treffen, sondern ihm neues Futter für seine Propagandamaschine geben.»
dpa/dt