Angela Merkel im ZDF-Interview: Worüber Merkel oft mit Erdoğan gesprochen hat

Artikel von Anna-Sophie Schneider - Der Spiegel

 

Erstmals seit ihrem Rückzug aus der Politik hat Angela Merkel ein TV-Interview gegeben. Im ZDF sprach die frühere Kanzlerin über ihre Amtszeit und verriet, was sie von AfD-Wählern hält.

Angela Merkel im ZDF-Interview: Worüber Merkel oft mit Erdoğan gesprochen hat

Angela Merkel im ZDF-Interview: Worüber Merkel oft mit Erdoğan gesprochen hat © Fabian Sommer / dpa

 

Angela Merkel äußert sich seit ihrem Rückzug aus der Politik nur noch selten öffentlich. Für die

Dokumentation »Am Puls mit Mitri Sirin« trat die frühere Kanzlerin jedoch vor die Kamera und gab erstmals nach Ende ihrer Kanzlerschaft ein TV-Interview. Darin sprach sie unter anderem über die AfD, ein Dauerthema zwischen ihr und dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan sowie die DDR.

In dem Interview sagte Merkel, dass sie Bundeskanzlerin aller Menschen war, die dauerhaft in Deutschland leben. »Ich habe darüber auch mit dem türkischen Präsidenten Erdoğan sehr häufig gesprochen«, sagte sie dem ZDF.

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Es sei um die Frage gegangen, wer verantwortlich sei für türkischstämmige Menschen, die hier in zweiter oder dritter Generation wohnen. »Und ich habe immer gesagt: ›Pass auf, deren Bundeskanzlerin bin ich‹.« Deutschland umfasse alle. »Da wir ja jetzt auch in den letzten Jahren sehr viele Menschen haben, die dauerhaft in unserem Land leben und noch nicht immer hier gelebt haben, ist das wieder eine neue Aufgabe, dass wir sie mit aufnehmen.«

Kein Verständnis für AfD-Wähler

In dem Gespräch sprach Merkel (CDU) auch davon, dass sie kein Verständnis dafür habe, wenn Menschen die AfD wählen. »Wenn man sich sozusagen auf Kosten anderer Menschen, auch anders aussehender Menschen und Menschen mit anderer Biografie profiliert, dann ist das nichts, wofür ich Verständnis habe.« Sie verstehe, dass man über manches verärgert sei. Aber sie sei nicht bereit zu akzeptieren, dass man deshalb Ideen und Gedankengut unterstütze, die für sie nichts mit Toleranz zutun hätten. »Da würde ich immer dagegen argumentieren und würde sagen, man kann in dieser demokratischen Gesellschaft auch anders seine Kritik und seinen Ärger zum Ausdruck bringen.«

Die Dokumentation »Am Puls mit Mitri Sirin« wird am Einheitsfeiertag an diesem Dienstag im ZDF ausgestrahlt. Merkel äußerte sich darin auch zur DDR.

Für die frühere Kanzlerin gibt es einen Unterschied zwischen dem Staat DDR und dem persönlichen Leben dort. »Die DDR hat es trotz aller Versuche, Jugendliche immer wieder zu beeinflussen, natürlich nicht geschafft, die Familie zu ersetzen. Man hatte Freunde, man hat gefeiert, wir sind mit den Eltern in den Urlaub gefahren. Das waren ja alles Erlebnisse«, sagte sie dem ZDF.

»Und dann gibt es noch die prägenden Erlebnisse durch den Staat. Ich meine, die Anwesenheit von Freiheit formt Menschen, aber die Abwesenheit von Freiheit formt sie ja auch.« Sie habe immer auch darüber geredet, dass es einen Unterschied gebe »zwischen dem Staat DDR, dessen Überwindung wir natürlich alle begeistert gefeiert haben und einem persönlichen Leben, das ja in jedem Land mehr ist als nur die staatliche Struktur«.

Merkel war bis 2021 Bundeskanzlerin, bei den Wahlen damals stellte sie sich nicht noch einmal zur Wahl. Die frühere Kanzlerin ist in der DDR aufgewachsen.