Links: Camelia Juntke (aus Rumänien), Mitte: Maria Maidaniuk (aus der Ukraine), Rechts: Schulleiterin Heike Szebrat.

Vielfalt im Lehrerkollegium Wie die Integration ausländischer Lehrerinnen an einer Schule in Stendal gelingt

Von Benjamin Woop, MDR SACHSEN-ANHALT

 

Die Sekundarschule Diesterweg in Stendal zeigt, wie die Integration von Lehrkräften aus dem Ausland funktioniert. Zwei ukrainische und eine rumänische Lehrerin stopfen an der Schule Löcher im Dienstplan. Doch Quereinsteiger bringen auch Herausforderungen für Schulen mit sich.

  • Die Integration ausländischer Lehrkräfte ist ein längerer Prozess.
  • Zwei ukrainische und eine rumänische Lehrerin füllen bereits Löcher im Dienstplan der Sekundarschule Diesterweg in Stendal. Bei Sprachbarrieren helfen auch Schüler den Lehrerinnen.
  • Neue Lehrkräfte anzulernen, ob aus dem Ausland oder Seiteneinsteiger aus Deutschland, ist zusätzliche Arbeit für das ganze Kollegium. Nicht jede Schule kann diese Arbeit leisten.

Die Klassen sind überfüllt, die Räume knapp bemessen, dennoch lachen und lernen die Schüler in der Sekundarschule "Adolf Diesterweg" Stendal. Die Schule ist ein Beispiel dafür, wie trotz Lehrermangels die Integration ausländischer Lehrkräfte gelingen kann. Trotz unterschiedlicher Lehrmethoden und sprachlicher Schwierigkeiten wollten die beiden neuen Lehrerinnen aus der Ukraine und Rumänien, Maria Maidaniuk und Camelia Juntke, in Sachsen-Anhalt unterrichten.

Heike Szebrat leitet die Sekundarschule und ist sehr zufrieden mit den Fortschritten, die die Lehrerinnen gemacht haben. An der Schule unterrichtet noch eine weitere Lehrerin aus der Ukraine, Frau Oblog.

Lehrkraft werden – ein bürokratischer Prozess

Bevor die Lehrerinnen in Stendal unterrichten durften, hätten beide jedoch einige Hürden überwinden müssen, erzählt die Schulleiterin. Ausländische Lehrkräfte können ihren Berufsabschluss in Deutschland anerkennen lassen – das ist ein bürokratischer Prozess, der bis zu drei Monaten dauern kann. Das Landesinstitut für Schulqualität und Lehrerbildung Sachsen-Anhalt prüft hierbei die fachliche Kompetenz sowie die pädagogische Eignung der Bewerber. Außerdem erwartet die Behörde Deutschkenntnisse auf C1-Niveau. Diese Einstufung bescheinigt ein weit fortgeschrittenes Sprachniveau.

Nach der Anerkennung folgen weitere Herausforderungen für ausländische Lehrer. Neben sprachlichen Barrieren im Alltag müssen sie ihre Lehrmethoden anpassen. Maria Maidaniuk sagt, dass sie in der Ukraine größere Informationsmengen in kürzerer Zeit habe vermitteln müssen. Im Gegensatz dazu würde in Deutschland eher auf die Relevanz der vermittelten Inhalte geachtet, so die ukrainische Lehrerin.

Schulleiterin ist zufrieden mit ihren neuen Lehrkräften

Seit Februar 2023 arbeitet Maidaniuk an der Sekundarschule "Adolf Diesterwerg" und hat mittlerweile die Leitung einer 5. Klasse übernommen. Vor ihrer Zeit in Deutschland hat Maidaniuk schon in der Ukraine unterrichtet.

Die Englischlehrerin werde von ihren Schülerinnen und Schülern gemocht, auch wenn es manchmal an Disziplin in der Klasse fehle, sagt Schulleiterin Szebrat. Gelegentlich erhält Maidaniuk auch Unterstützung von den Kindern, wenn ihr ein deutsches Wort nicht einfalle. Diese Interaktion zwischen Schülern und Lehrerin freut die Schulleiterin. "Und das ist auch überhaupt nicht schlimm. Dadurch fühlen sich die Schüler auch ein Stück weit dazu ermutigt, den Kollegen auch zu helfen. Die Kollegen nehmen das auch sehr gerne an."

Heike Szebrat lobt Maria Maidaniuk und ihre Kolleginnen aus der Ukraine und Rumänen für ihre fachlichen und pädagogischen Kompetenzen. Diese würden die Integration erleichtern. Außerdem betont Szebrat, wie wichtig das Engagement der Lehrerinnen sei, kontinuierlich Deutsch zu lernen.

Lehrermangel macht Einarbeitung ausländischer Lehrer schwierig

Dennoch bleibt die Einstellung ausländischer Lehrkräfte für Schulen in Sachsen-Anhalt eine Herausforderung. Neben den sprachlichen Barrieren fehle oft die Zeit, neue Kollegen einzuarbeiten, sagt Heike Szebrat. Deshalb lobt sie das Kollegium für ihren Einsatz. Die Zusammenarbeit aller 27 Lehrer sei ein entscheidender Faktor für eine erfolgreiche Integration.

Um den Lehrermangel durch ausländische Lehrkräfte aufzufangen, fehlt es jedoch an den Schulen an Zeit und Personal. Heike Szebrat betont, wie anspruchsvoll es sei, an einer bunt gemischten Sekundarschule zu unterrichten. Die Lehrer müssten sich auf Nachteilsausgleiche oder Schüler mit Migrationshintergrund einstellen. Obendrauf einen neuen Kollegen anzulernen, werde so zu einer Herausforderung.

Sachsen-Anhalt braucht mehr als 9.000 neue Lehrer

Seiteneinsteiger führen zur Doppelbelastung bei Lehrkräften

An der "Adolf Diesterweg" Sekundarschule gibt es außerdem auch Seiteneinsteiger unter den Lehrkräften, die aus Deutschland sind. Eine Wirtschaftsmathematikerin ist Mathelehrerin, während ein Kunststofftechnologe Physik und Technik unterrichtet. Sie bekommen Mentoren an die Seite gestellt, um ihren Unterricht schülergerecht zu gestalten.

Diese weitere Aufgabe für die ausgelernten Lehrkräfte an der Schule führe manche in eine Zwickmühle, so die Schulleiterin. Sie müssten schließlich die Schüler unterrichten und nicht nur die Lehrer. Dies sei eine anstrengende Doppelbelastung und kein Konzept für die Ewigkeit. 

Schulleiterin will bei Einstellungsprozess mitentscheiden

Heike Szebrat ist der Meinung, dass Schulen eigenständig entscheiden dürfen sollten, wen sie einstellen möchten. Aktuell übernimmt das Landesamt für Schule und Bildung das Bewerbungsverfahren und weist den Schulen Lehrer zu. Allerdings könne die Schulleiterin meistens besser einschätzen, wer zu ihnen passe. Und nicht jede Schule verfügt über die Ressourcen oder Zeit, um neue Kollegen anzulernen.

Aktuell fehlen der Sekundarschule in Stendal noch drei bis vier Lehrer. Gerade für die Fächer Mathe und Englisch benötigen sie Unterstützung. Die Schulleiterin und ihre Stellvertreterin seien um die Zukunft besorgt, denn bis Ende 2024 würden drei weitere Lehrkräfte in Rente gehen. Eine 90-prozentige Unterrichtsversorgung könne man so nicht halten, sagt Szebrat.

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