Corona-Politik stürzt vor allem Junge in finanzielle Not

 

Mehr als jeder vierte Deutsche fürchtet, als Folge des Lockdowns seine Kredite nicht wie vereinbart bedienen zu können. Dies zeigt eine Schufa-Umfrage. Betroffene hoffen auf ein Entgegenkommen der Bank. Eine Gruppe hat von der Krise profitiert.

Für vier von zehn jungen Bundesbürgern mit Schulden sind die Kreditraten so hoch, dass sie ihre Bank um eine Absenkung oder Stundungen bitten müssen Quelle: picture alliance/dpa/NPHO Servic © picture alliance/dpa/NPHO Servic Für vier von zehn jungen Bundesbürgern mit Schulden sind die Kreditraten so hoch, dass sie ihre Bank um eine Absenkung oder Stundungen bitten müssen Quelle: picture alliance/dpa/NPHO Servic

Geschäfte geschlossen, Aufträge weggebrochen, Kurzarbeit – vier Monate dauert der Lockdown nun schon an. Für viele ist das mit immer größeren finanziellen Einbußen verbunden.

Rund 28 Prozent der Verbraucher gehen jetzt davon aus, dass sie in den nächsten sechs Monaten sogar ihre bestehenden Kreditverpflichtungen anpassen müssen. Das hat eine repräsentative Umfrage der Wirtschaftsauskunftei Schufa ergeben, die WELT exklusiv vorliegt. Unter den Jüngeren ist diese Sorge sogar noch größer. Hier rechnen 39 Prozent damit, bald Ratenänderungen oder Stundungen zu benötigen.

Hoffnungen haben die Betroffenen jetzt vor allem in die Kulanz ihrer Bank. Mehr als 50 Prozent der Befragten gaben an, dass sie auf das Entgegenkommen ihres Instituts setzen, sofern sie aufgrund der Corona-Pandemie ihre Kreditverpflichtungen nicht mehr wie geplant bedienen könnten.

„Wir haben in Deutschland ein stabiles Kreditsystem, und das Vertrauen der Verbraucher in ihre Bank als verlässlichen Partner auch in Krisenzeiten ist hoch“, sagt Schufa-Vorstandsmitglied Ole Schröder.

Und doch dürften Ratenanpassungen und Stundungen von Konsumentenkrediten oder Baufinanzierungen nicht mehr so einfach sein wie im vergangenen Frühjahr. Von April bis Juni 2020 räumte noch ein gesetzliches Moratorium den Verbrauchern die Möglichkeit ein, die Raten für Zins- und Tilgungsleistungen auszusetzen – und zwar dann, wenn sie pandemiebedingt in Zahlungsschwierigkeiten geraten waren.

Die Laufzeit der Kredite wurde in der Regel um die aufgeschobene Zeit verlängert. Das Moratorium wurde von den Verbrauchern jedoch kaum genutzt, wie eine Erhebung der Finanzberatung FMH zeigt. Stundungen bei Baufinanzierungen betrafen demnach durchschnittlich nicht einmal zwei Prozent des Gesamtvolumens, bei Konsumentenkrediten waren es 2,3 Prozent. Bis zum Jahresende 2020 hatten einige Banken zudem noch bei einem freiwilligen Moratorium mitgemacht.

Banken wie die ING, die DKB oder die Commerzbank versprechen nach wie vor Abhilfe, sollten Verbraucher wegen der Corona-Krise in Zahlungsschwierigkeiten geraten. Zu den Details halten sich viele Institute jedoch bedeckt. Die ING verlangt zunächst sämtliche Informationen wie den Grund des Zahlungsproblems und eine ausgefüllte Selbstauskunft per E-Mail, um ihren Kunden anschließend einen Lösungsvorschlag zu machen.

Ärmere Haushalte haben Zukunftssorgen

Die DKB wirbt mit einer „individuellen Ratenpause“. Und die Sparkassen verweisen darauf, dass die Bedingungen für Raten- oder Laufzeitanpassungen ganz unterschiedlich gehandhabt werden. Kunden sollten beim jeweiligen Berater nachfragen, welche Möglichkeiten sie haben, heißt es.

Die Verbraucherexperten vom Ratgeberportal Finanztip erklären, dass die finanzielle Belastung bei Stundungen oder niedrigerer Tilgung zwar vorübergehend sinkt. Aber in vielen Fällen werde der Kredit am Ende teurer als eigentlich geplant – denn meist kommen Zinsen hinzu.

Wer wissen will, wie viele Zinsen für die gestundeten Zahlungen in etwa anfallen, multipliziert die Zinskosten für den letzten Monat mit der Anzahl der Monate, in denen die Raten aufgeschoben werden. Obendrauf kämen noch Zinseszinsen. „Bei einem Ratenkredit sind das geringere Summen, bei einer Baufinanzierung kann es etwas mehr sein“, heißt es von Finanztip.

Von den neuerlichen Sorgen, Kredite bald nicht mehr bedienen zu können, sind aber längst nicht alle gleichermaßen betroffen. Das zeigt die Umfrage der Schufa ebenfalls. „Wir sehen, dass in der Corona-Krise eine soziale Schere aufgeht“, sagt Schufa-Vorstand Schröder.

Einkommensschwache Haushalte hätten nicht nur größere Zukunftssorgen und Angst vor finanziellen Verlusten als einkommensstarke Haushalte. „Sie müssen auch sehr viel häufiger auf Rücklagen zugreifen“, erklärt Schröder.

Jüngere tragen im Lockdown die größere Last

Laut Umfrage ist der Anteil der 18- bis 25-Jährigen, der sorgenvoll oder gar mit großer Angst in die Zukunft zu blickt, im Vergleich zum November 2020 wieder gestiegen – und liegt jetzt bei 51 Prozent (statt 39 Prozent im November). Auch haben einkommensschwache Haushalte mit einem Nettoeinkommen bis unter 2000 Euro wesentlich mehr Zukunftsängste (64 Prozent) als Haushalte mit einem Einkommen von mehr als 4000 Euro (35 Prozent).

Doch es gibt auch eine gute Nachricht: „Insgesamt kommen die deutschen Verbraucher wirtschaftlich noch gut durch die Corona-Krise.“ Aktuell gebe es noch keine Zunahme von Zahlungsausfällen, erklärt Schröder mit Blick auf die Zahlen der Wirtschaftsauskunftei.

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