Wie junge Menschen mit Migrationshintergrund in Deutschland aufwachsen

Zentrale Ergebnisse aus dem DJI-Kinder- und Jugendmigrationsreport 2020

Der Anteil an jungen Menschen mit Migrationshintergrund ist zwischen den Jahren 2009 und 2017 von 28 Prozent auf mehr als ein Drittel (34 Prozent) gestiegen; In Deutschland leben damit aktuell 6,7 Millionen jungen Menschen unter 25 Jahren mit Migrationshintergrund. Wie sie hier aufwachsen, im Bildungs- und Ausbildungssystem zurechtkommen und welche Nachteile sie nach wie vor haben, beschreibt der DJI-Kinder- und Jugendmigrationsreport 2020 auf Basis amtlicher Daten und repräsentativer Surveys.

Immer noch deutlich häufiger von Armut betroffen

Kinder mit Migrationshintergrund sind immer noch deutlich häufiger von Armut betroffen: Mehr als die Hälfte (58 Prozent) der unter sechsjährigen Kinder der ersten Migrationsgeneration war im Jahr 2017 von Armut gefährdet im Vergleich zu 15 Prozent der unter Sechsjährigen ohne Migrationshintergrund. Zwar verbessert sich die Lage mit längerem Aufenthalt in Deutschland, doch auch bei den unter Sechsjährigen der zweiten und dritten Generation war im Jahr 2017 immer noch knapp ein Drittel (32 Prozent) armutsgefährdet.

Das hat auch Auswirkungen auf die Wohnsituation von Familien mit Migrationshintergrund, die häufiger in Großstädten mit mindestens 100.000 Einwohnern leben: Sie haben durchschnittlich weniger Platz pro Person zur Verfügung. Für die Kinder bedeutet das, dass sie seltener ein eigenes Zimmer haben. Nur 60 Prozent der Kinder, die selbst oder deren Eltern zugewandert sind, verfügen über ein eigenes Zimmer. In der zweiten und dritten Migrationsgeneration sind es bereits 87 bzw. 89 Prozent (Daten aus den Jahren 2013 bis 2016). Unter den Kindern ohne Migrationshintergrund haben so gut wie alle ein eigenes Zimmer (93 Prozent).

Deutsch als Familiensprache etabliert sich erst mit der Zeit

Von Migrationsgeneration zu Migrationsgeneration sprechen mehr Familien mit Kindern unter 25 Jahren zu Hause Deutsch: Während in 54 Prozent der Haushalte mit mindestens einer Person der ersten Generation vorrangig deutsch gesprochen wird, sind es in den Familien mit mindestens einer Person der zweiten oder dritten Generation rund 59 Prozent. Unter den Haushalten, in denen alle Personen selbst zugewandert (erste Generation), sprechen hingegen nur 14 Prozent überwiegend deutsch und der Großteil eine andere Sprache.

In der Kindertagesbetreuung unterrepräsentiert und benachteiligt

Für den Erwerb des Deutschen gilt ein möglichst früher Besuch einer Kindertageseinrichtung als erfolgversprechend.  Doch dort sind Kinder mit Migrationshintergrund immer noch deutlich seltener anzutreffen als Gleichaltrige ohne Migrationshintergrund (20 Prozent gegenüber 41 Prozent im Jahr 2018). Und das, obwohl sich 45 Prozent der Eltern mit und ohne Migrationshintergrund einen Betreuungsplatz für ihre unter dreijährigen Kinder wünschen. Der Bedarf übersteigt die Quote der Inanspruchnahme um 25 Prozentpunkte (gegenüber 4 Prozentpunkten bei Familien ohne Migrationshintergrund). Zudem gaben Familien mit Migrationshintergrund häufiger an, keinen Platz für ihr unter dreijähriges Kind bekommen zu haben, obwohl sie sich einen wünschten (22 Prozent gegenüber 10 Prozent).

Doch auch für die Kinder mit Migrationshintergrund, die eine Kindertageseinrichtung besuchen, gibt es beim Spracherwerb im Spiel oder durch Nachahmung häufig Einschränkungen: Denn in etwa jeder fünften Einrichtung (19 Prozent) hatten im Jahr 2018 Kinder mit Migrationshintergrund einen Anteil von mindestens 50 Prozent, so dass sie dort weniger Kontakt zu deutschsprachigen Kindern haben, die vorwiegend Deutsch sprechen. Und fast jedes zweite Kita-Kind mit Migrationshintergrund (46 Prozent) besucht eine solche Einrichtung, wobei es in den westdeutschen Ländern und in Berlin deutlich mehr Kinder sind als in den ostdeutschen Ländern, und in manchen Ballungsräumen mehr als auf dem Land.