Überraschend naiv: Mutmaßlicher türkischer Spion gesteht vor Gericht

 

 
Der Angeklagte (l.), ein mutmaßlicher türkischer Spion, im Hochsicherheitstrakt des Düsseldorfer Oberlandesgerichts. Foto: Rolf Vennenbernd/dpa

Als in einem Düsseldorfer Hotel eine Waffe, scharfe Munition und Informationen über vermeintliche PKK- und Gülen-Anhänger gefunden werden, löst die Polizei Großalarm aus. Nun steht der Besitzer der brisanten Fundsachen vor Gericht – und gesteht.

Ali D., ein mutmaßlicher Agent türkischer Geheimdienste, hat am Düsseldorfer Oberlandesgericht ein Geständnis abgelegt. „Ich räume die Vorwürfe der Anklage ein“, sagte der 41-Jährige am Dienstag in Düsseldorf beim Prozessauftakt. Er habe sich türkischen Geheimdiensten als Informant angedient.

Dem Geständnis war eine Absprache mit dem Gericht vorausgegangen, der Senat hatte dem Mann für ein Geständnis eine Bewährungsstrafe zugesagt. Der Angeklagte berichtete, er habe in Ankara ein florierendes Hotel gekauft, sei dann aber von den Verkäufern unter Druck gesetzt worden.

„In der Türkei muss man Macht oder Vitamin B haben“

Immer wieder hätten sie ihm die Polizei auf den Hals gehetzt und ihn gezwungen, das Hotel wieder zu verkaufen. Von einer Betrugsanzeige habe ihm sein Anwalt abgeraten, weil er an „Leute mit Macht“ geraten sei. Dies habe in ihm die Erkenntnis reifen lassen, zum Geheimdienst zu wollen. Prüfen lassen sich seine Aussagen kaum. „In der Türkei muss man Macht oder Vitamin B haben, sonst geht gar nichts.“

Deswegen habe sich D. zwei Geheimdiensten als Informant angedient. Er habe auch Informationen über Anhänger der Gülen-Bewegung gesammelt, diese aber nicht weitergegeben. Er sei auch mal selbst in der Bewegung aktiv gewesen. Zudem habe er sich eine täuschend echt wirkende Schreckschusspistole gekauft.

PKK- und Gülen-Anhänger bespitzelt

„Das gab mir Kraft und Sicherheit, wenn die Pistole in meinem Hosenbund steckte.“ Er habe nie jemanden damit bedroht. „Ich dachte, das wäre legal.“ Die scharfe Munition, die man bei ihm gefunden habe, habe er für das Schießen auf Schießständen benötigt. Es sei schlicht billiger gewesen, die Munition nicht erst am Schießstand zu kaufen.

Türkischer Agent wegen Geheimdienst-Tätigkeit und Waffenbesitz angeklagt

„Nach erster Sichtung kann man das als Geständnis durchaus ansehen“, sagte der Vorsitzende Richter Lars Bachler. Der Angeklagte sitzt bereits seit neun Monaten in Untersuchungshaft. Die Bundesanwaltschaft wirft ihm vor, Anhänger der Gülen-Bewegung und der PKK für türkische Geheimdienste ausgespäht zu haben.

Polizei setzt Großaufgebot in Bewegung

Der Mann war im September 2021 in einem Düsseldorfer Hotel festgenommen worden, nachdem ein Hotelmitarbeiter in seinem Zimmer eine Waffe und scharfe Munition entdeckt hatte.

Die Polizei hatte ein Großaufgebot in Bewegung gesetzt, weil eine akute Gefahrenlage zunächst nicht ausgeschlossen werden konnte (DTJ-Online berichtete). Die Waffe entpuppte sich später als Schreckschusspistole. Als Höchststrafe drohen D. bis zu fünf Jahre Haft. Ein Urteil wird in Kürze erwartet.

Spionageaktivitäten belasteten bereits in jüngerer Vergangenheit das deutsch-türkische Verhältnis.

dpa/dtj