UN-Koordinator: Kaum Chancen für Frieden, „Türken aber am nächsten dran“
UN-Nothilfekoordinator Martin Griffiths sieht wenig Chancen für einen baldigen Waffenstillstand in der Ukraine. Der Gesprächskanal über die Türkei sei am nächsten dran.
„Im Moment zeichnet sich keine Waffenruhe am Horizont ab“, sagte Griffiths am Montag am Sitz der Vereinten Nationen in New York. „Vielleicht ändert sich das in einigen Wochen.“
Dies sei abhängig vom weiteren Verlauf des Kriegs und von Gesprächen, die mit Hilfe der Türkei geführt würden. Russland hatte am 24. Februar mit seinem Angriffskrieg auf das Nachbarland begonnen.
Griffiths sagte, derzeit gebe es zwischen beiden Seiten „keine Verhandlungen im klassischen Sinn. Aber die Türken sind am nächsten dran.“ Der UN-Nothilfekoordinator will deshalb diese Woche den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan treffen. Griffiths sprach zuvor schon sowohl mit dem ukrainischen Ministerpräsidenten Denys Schmyhal als auch dem russischen Außenminister Sergej Lawrow.
Russland verstärkt Angriffe und beginnt wohl Donbass-Offensive
In der Ukraine haben die russischen Truppen nach Angaben aus Kiew am Montag mit dem erwarteten Großangriff im Osten begonnen. Präsident Wolodymyr Selenskyj sagte am Abend in einer neuen Videobotschaft: „Wir können jetzt feststellen, dass die russischen Truppen die Schlacht um den Donbass begonnen haben, auf die sie sich seit langem vorbereitet haben.“
Zugleich versicherte er: „Ganz gleich, wie viele russische Truppen dorthin getrieben werden: Wir werden kämpfen.“ Von russischer Seite gab es für den Beginn der Offensive zunächst keine Bestätigung.
Kampf um Mariupol
Besonders umkämpft war am Wochenende weiter die bereits schwer zerstörte Hafenstadt Mariupol. Dort ließen die Ukrainer ein Ultimatum zur Kapitulation verstreichen. Ziel der Angriffe war nach inzwischen mehr als sieben Wochen Krieg aber auch der Westen: In der Stadt Lwiw (früher: Lemberg) gab es nach Angaben der Behörden erstmals Todesopfer durch russische Raketen. Dort starben mindestens sechs Menschen.
Noch vor Selenskyjs Ansprache hatte der Generalstab der ukrainischen Armee von „Anzeichen des Beginns der Offensive“ gesprochen, insbesondere in den Gebieten um die Großstädte Charkiw und Donezk. Damit wurde bereits seit Tagen gerechnet. Dafür hatten sich die russischen Truppen nach Moskaus Darstellung aus dem Großraum Kiew zurückgezogen.
Der ukrainische Gouverneur des Gebiets Luhansk, Serhij Hajdaj, berichtete, dass die Kontrolle über die Kleinstadt Kreminna bereits verloren gegangen sei. In Kreminna sollen von 18.000 Einwohnern vor dem Krieg noch etwa 4000 ausharren.
dpa/dtj