Amira Mohamed Ali: Wer ist die Frau in Wagenknechts Schatten?

Artikel von Anna-Lena Ripperger/ FAZ

 

 

 

 

                         ali.jpg

Amira Mohamed Ali, Ko-Vorsitende des BSW am 27. Januar 2024 im Berliner Kosmos Kino, einer Eventlocation © Jens Gyarmaty

 

 

Wenn es Amira Mohamed Ali stört, dass sie ihre neue Partei zwar gemeinsam mit Sahra Wagenknecht führt, aber in der öffentlichen Wahrnehmung in deren Schatten steht, lässt sie es sich nicht anmerken. In solchen Kategorien denke sie nicht, sagt die 44 Jahre alte Juristin am Rande des ersten Bundesparteitags des Bündnisses Sahra Wagenknecht (BSW). Sie konzentriere sich lieber auf die großen Aufgaben, die nun vor dem BSW lägen.

Das ist im Juni zunächst die Europawahl, im September folgen dann die Landtagswahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg. Die Umfragen lassen hoffen, aber wie erfolgreich die neue Kraft tatsächlich wird, ist offen.

Erste muslimische Fraktionsvorsitzende des Bundestags

Mohamed Ali schreckt das nicht ab. Dass sie keine Angst vor großen Aufgaben hat, hat sie schon mehrmals bewiesen. Als die gebürtige Hamburgerin 2017 über die niedersächsische Landesliste der Linkspartei in den Bundestag kam, war sie gerade einmal zwei Jahre lang Parteimitglied. Im Bundestag kümmerte sie sich zunächst um Verbraucher- und Tierschutz sowie Landwirtschaft – nicht gerade klassisch linke Themen.

Nur zwei Jahre später nahm sie die nächste große Aufgabe an: Mohamed Ali wurde 2019 Wagenknechts Nachfolgerin an der Spitze der Fraktion – als erste Muslimin in der Geschichte des Bundestags. Dieser Aspekt ihrer Biographie war für ihre Wahl aber nicht ausschlaggebend, ebenso wenig wie ihre kommunikativen Fähigkeiten. Es waren vor allem die komplizierten Machtverhältnisse in der Fraktion. Als Kandidatin des Wagenknecht-Lagers siegte sie über die Wunschkandidatin der Parteispitze, Caren Lay.

Die Machtkämpfe in Fraktion und Partei beschäftigten Mohamed Ali weiterhin. Sie versuchte sie zu befrieden, die verschiedenen Lager zumindest ein Stück weit zu versöhnen. Doch die Gräben zwischen Wagenknecht und ihren Anhängern und der Parteiführung waren zu tief. Im August 2023 gab Mohamed Ali bekannt, dass sie sich nicht noch einmal um das Amt der Fraktionschefin bewerben wolle.

Mohamed Ali verteidigt neue Haltung zu Migration

Zur Frage, ob sie ihrer Vertrauten Wagenknecht in eine neue Partei folgen würde, hielt sie sich zunächst bedeckt. Im Oktober klärten sich die Fronten: Mohamed Ali trat mit Wagenknecht und acht anderen Abgeordneten aus der Linkspartei aus. Und sie übernahm die nächste große Aufgabe: Als Vorsitzende des Vereins Bündnis Sahra Wagenknecht bereitete sie die Gründung einer Partei vor.

Seit dem 8. Januar steht die Tochter eines Ägypters und einer Deutschen nun an der Spitze dieser Partei. Dass sie 2018 Abschiebungen in Tilo Jungs Interviewformat „Jung & naiv“ noch generell ablehnte und nun mit dem BSW Migration begrenzen will, wird ihr dieser Tage immer wieder vorgeworfen. Sie kontert, die Lage sei heute eine andere – und überhaupt müsse man als Politikerin mutig sein, neue Wege zu gehen, sagte sie dem Nachrichtenportal „Der Westen“.