Der Bedarf an ausländischen Fachkräften in Deutschland ist groß - doch nur wenige internationale Fachkräfte wollen auch nach Deutschland kommen. Bürokratische Hürden, kulturelle Missverständnisse und ein undurchsichtiges Zuwanderungssystem schrecken potenzielle Spitzenkräfte ab.
Deutschland steckt mitten in einer demografischen Krise. Während die Bevölkerung altert und der Bedarf an Fachkräften steigt, bleibt die Attraktivität des Landes für ausländische Fachkräfte gering.
Immer wieder werben deutsche Unternehmen und Politiker, darunter auch Bundesarbeitsminister Hubertus Heil, um Fachkräfte aus Ländern wie Brasilien, Ghana und Indien - mit mäßigem Erfolg. Trotz intensiver Bemühungen konnte die Bundesagentur für Arbeit im vergangenen Jahr nur 656 Pflegekräfte aus dem Ausland anwerben - benötigt würden Tausende. Und das ist nur ein Bereich, in dem Fachkräfte fehlen.
Ökonomen weisen darauf hin, dass Deutschland jährlich rund 1,5 Millionen qualifizierte Zuwanderer bräuchte, um den Arbeitskräftemangel auszugleichen. Zieht man jedoch diejenigen ab, die das Land jährlich wieder verlassen, verbleiben nur rund 400.000 zusätzliche Arbeitskräfte aus dem Ausland. Woran liegt das?
Viele Hürden für ausländische Fachkräfte
Laut einer Studie der OECD gibt es mehrere Gründe für die Zurückhaltung internationaler Fachkräfte. An erster Stelle steht die Sprachbarriere. Deutsch zu lernen scheint für viele eine große Hürde zu sein. Denn selbst bei Behördenbesuchen wird erwartet deutsch sprechen zu können. Zweitens wirkt die Bürokratie auf viele abschreckend - vor allem, wenn es um Visa und Arbeitserlaubnisse geht. Zudem werden ausländische Berufs- und Studienabschlüsse in Deutschland oft nicht anerkannt.
Drittens werden die Lebenshaltungskosten, insbesondere in den Metropolen, als hoch empfunden. Vielen Fachkräften fehlt es daher an finanziellen Mitteln.
Sorge vor Diskriminierung und Rassismus
Viertens haben einige Migranten eine nicht immer freundliche Aufnahme in Form von Diskriminierung und Rassismus erfahren oder befürchten dies. So gaben in einer Studie des Instituts für Angewandte Wirtschaftsforschung (IAW) an der Universität Tübingen, die dem „ Spiegel “ vorliegt, 51 Prozent von 1.885 Befragten an, wegen ihrer ethnischen Herkunft oder aus anderen Gründen diskriminiert worden zu sein - sowohl von Behörden als auch im Arbeitsleben. Die Vorfälle seien vor allem in Ostdeutschland gemeldet worden, heißt es in der Studie.
Bundesarbeitsminister Heil hat als einen der Hauptgründe die Konkurrenz mit anderen Ländern ausgemacht, die entweder eine lange Einwanderungstradition haben oder in denen eine weit verbreitete Sprache gesprochen wird.
Zudem verlassen viele, die nach Deutschland gekommen sind, das Land wieder. Mehr als eine Million Menschen sollen es laut „Spiegel“ jährlich sein. Dies deutet darauf hin, dass Deutschland nicht überall als offen und lebenswert wahrgenommen wird.
Anforderungen an Fachkräfte überdenken
Die Lösung? Viele Experten plädieren dafür, dass Deutschland seine Anforderungen an Fachkräfte überdenkt. Das Erlernen der deutschen Sprache sollte nicht für jeden Job vorausgesetzt werden. Zudem sollten die Mitarbeiter in den Ausländerbehörden auch Englisch sprechen können. Insgesamt stehe Deutschland vor einer großen Herausforderung. Das Land muss nicht nur attraktiver für internationale Fachkräfte werden, sondern auch dafür sorgen, dass diese, wenn sie erst einmal hier sind, auch bleiben wollen